Parlament muss jetzt für bessere Mittel zur Korruptionsbekämpfung sorgen
Zürich, Lausanne, 10. Juni 2025

Für einen wirksamen Kampf gegen jene Wirtschaftskriminalität, die besonders dem Ruf des Schweizer Finanz- und Rohstoffplatzes schadet, brauchen die Behörden mehr und bessere Instrumente.
Die «aufgeschobene Anklageerhebung» könnte in komplexen internationalen Finanzverfahren ein wirksames Rechtsmittel sein, wenn es in geeigneter Weise gestaltet wird.
Zur verantwortungsvollen Anwendung dieses Instruments macht Public Eye sechs Empfehlungen.
Zusätzlich fordert Public Eye ein Transparenzregister mit echtem Mehrwert für Behörden, aber auch für im öffentlichen Interesse recherchierende Medien und NGOs.
In den USA, wo dieses Verfahren seit Jahren schon angewandt wird, heisst es «Deferred Prosecution Agreement» (DPA). Frankreich und Grossbritannien gehören zu den europäischen Rechtssystemen, die im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität auch über ein solches DPA-Instrument verfügen. Am 16. Juni wird nun der Ständerat das Postulat seiner Rechtskommission über die «aufgeschobene Strafverfolgung beraten. Mit solchen Vereinbarungen könnten die Behörden die Anklageerhebung gegen ein Unternehmen aufschieben, wenn dieses die amtlich angeordneten Verpflichtungen eingeht. Hält das Unternehmen diese während einer bestimmten Probezeit ein, wird das Verfahren eingestellt.
Schon heute setzt die Schweizer Justiz beim Kampf gegen Korruption und Geldwäscherei auf aussergerichtliche Verhandlungen, etwa beim sogenannten «Strafbefehl». Dieses bei der Strafverfolgung von Unternehmen häufig angewandte Rechtsinstrument bietet aber kaum Transparenz und ist für die zumeist grenzübergreifenden Straftaten nicht immer geeignet. Vor diesem Hintergrund könnte eine aufgeschobene Strafverfolgung die Funktionsweise der Schweizer Justiz verbessern und die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität verstärken. Es wäre jedoch nur unter der Voraussetzung akzeptabel, dass es sich streng am öffentlichen Interesse orientiert und in erster Linie auf eine Verbesserung der Wirtschaftspraktiken sowie auf eine effektive Entschädigung der Geschädigten abzielt. In einer Analyse macht Public Eye sechs Empfehlungen für die Ausgestaltung eines solchen Instruments, um zu verhindern, dass es zu einem Mittel für Unternehmen wird, sich der Strafverfolgung kostengünstig zu entziehen.
Am 12. Juni entscheidet der Nationalrat zudem über die Einführung eines Schweizer Transparenzregisters der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen. Ein solches Register ist mittlerweile zwar internationaler Standard in der Geldwäschereiabwehr, doch die Rechtskommissionen beider Kammern haben den Gesetzesentwurf so weit ausgehöhlt, dass dessen Informationen wohl unzuverlässig und nur einigen Behörden zugänglich wären. Sollte der Nationalrat den Gesetzesentwurf nicht zur grundlegenden Überarbeitung zurückweisen, droht das Transparenzregister zur reinen Alibiübung zu verkommen.
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