Forderungen: Welche Veränderungen braucht es?

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Um Verletzungen der Menschen- und Arbeitsrechte im Anbau und im Handel mit Agrarrohstoffen zu verringern, braucht es vor allem ausgeglichenere Machtverhältnisse. Dies gilt sowohl generell für die Rahmenbedingungen, welche den gesamten Agro-Food Sektors prägen, als auch für die Ausgestaltung einzelner Wertschöpfungsketten. Leider wurde bisher zu wenig darauf geachtet, Lösungen zu entwickeln, die das Machtungleichgewicht berücksichtigen, respektive dem etwas entgegensetzen. Als Standort vieler der weltweit bedeutenden Agrarrohstoffhändler muss die Schweiz hier eine entscheidende Rolle spielen.

Um die Rechte von Kleinproduzenten und Arbeiterinnen zu schützen muss die nationale und internationale Politik so gestaltet werden, dass sie die Interessen dieser Akteure zunehmend berücksichtigt. Dazu müssen die Verhandlungsmacht der schwächsten Gruppen, einschliesslich der ländlichen Gemeinschaften, gestärkt und Lösungen entwickelt werden, um die Konzentration und den Machtmissbrauch durch dominante Akteure entlang globaler Wertschöpfungsketten einzudämmen.

Sitzstaaten wie die Schweiz spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die Verhandlungsmacht gerechter zu verteilen und den Machtmissbrauch entlang globaler Wertschöpfungsketten zu bekämpfen. Die Schweiz ist in der Lage, für Transparenz im Rohstoffhandel zu sorgen und kann eine verbindliche, menschenrechtliche Sorgfaltsprüfungspflicht einführen, welche zur Achtung der Menschenrechte beiträgt. Um die Konzentrationsprozesse im globalen Agro-Food Sektor einzudämmen, bedarf es zudem einer effektiveren und weitreichenderen Wettbewerbspolitik, die auch den Schutz der Produzentinnen und Produzenten einschliesst.

Auch Agrarrohstoffhändler als Manager globaler Wertschöpfungsketten spielen eine wichtige Rolle bei einem solchen Wandel. Dieser bedingt eine grundlegende Veränderung der Beziehungen zwischen Händlern auf der einen und Produzierenden und Arbeiterinnen auf der anderen Seite. Der ehemalige UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Olivier de Schutter, schlägt sieben Grundsätze vor, um gerechtere Geschäftsbeziehungen zu gewährleisten:

  1. Langfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit für alle Beteiligten, und Partizipation der Produzierenden, um sicherzustellen, dass die Geschäftsbeziehungen ihren Bedürfnissen entsprechen;

  2. Gleichstellung der Geschlechter;

  3. Klare und transparente Preismechanismen, welche die Produktionskosten garantieren und ein existenzsicherndes Einkommen gewährleisten;

  4. Klare und konkrete Vereinbarungen über die Qualität der gelieferten Güter, die das Risiko einer Manipulation dieser Standards durch die Einkäufer minimieren;

  5. Förderung ökologischer Produktionsformen einschliesslich Schulungen sowie biologischer Inputs (e.g. Dünger), die vor Ort erzeugt werden;

  6. Geeignete Kommunikationsstrukturen und Streitschlichtungsmechanismen;

  7. Förderung der Organisation der Produzierenden in Gewerkschaften, Bauernverbänden oder Kollektiven.

Die Agrarhändler stehen in der Verantwortung, ihre Lieferketten nach diesen Prinzipien zu gestalten, und sie sind durchaus dazu in der Lage. Dies wäre ein wesentlicher Schritt, beispielsweise zur Gewährleistung des grundlegenden Menschenrechts auf einen angemessenen Lebensstandard. Entscheidender dafür und eine zentrale regulatorische Anforderung wäre die Transparenz über ihre Geschäftsaktivitäten und -beziehungen, ihre Preisgestaltung sowie ihre Finanzdaten.

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Public Eye fordert deshalb...

...von der Schweizer Regierung und dem Parlament:

  • Die Transparenz im Rohstoffhandel in der Schweiz zu gewährleisten, insbesondere durch die regelmässige Veröffentlichung relevanter und umfassender statistischer Daten über die Branche;

  • Durch Regulierung sicherzustellen, dass die in der Schweiz ansässigen Rohstoffhändler die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umsetzen, insbesondere die Sorgfaltsprüfung im Bereich Menschenrechte, gemäss der Guidance zur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte durch den Rohstoffhandelssektor sowie dem Leitfaden der OECD-FAO für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten;

  • Sicherzustellen, dass in der Schweiz ansässige nichtstaatliche Akteure wie Agrarrohstoffhändler die international anerkannten Menschenrechte respektieren und stärken, wobei die 2018 verabschiedete UNO-Deklaration über die Rechte von Bauern und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten (UNDROP) besonders zu berücksichtigen ist;

  • Alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die UNDROP-Deklaration zu verbreiten und deren Umsetzung zu fördern, sowie die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit bei ihrer Umsetzung anzuerkennen;

  • Den Zugang zu gerichtlichen und aussergerichtlichen Rechtshilfemechanismen in der Schweiz für Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch hier ansässige Agrarrohstoffhändler zu verbessern und zu gewährleisten;

  • Sicherzustellen, dass die negativen Folgen der Marktkonzentration und des Marktmachtmissbrauchs durch in der Schweiz ansässige Agrarhändler entlang globaler Wertschöpfungsketten in der Wettbewerbspolitik und -praxis berücksichtigt werden;

  • Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden zu verstärken;

  • Die Kohärenz zwischen der Menschenrechtspolitik, der Aussenpolitik und der Handelspolitik sicherzustellen, so dass sie alle den Schutz, die Erfüllung und die Achtung der Menschenrechte garantieren.

...von den Schweizer Agrarhändlern und Branchenvereinigungen:

  • Transparenz in Bezug auf ihre Geschäftstätigkeiten innerhalb und ausserhalb der Schweiz, sowie betreffend ihre Marktanteile, gewisse Finanzdaten und Steuerzahlungen zu gewährleisten;
  • Die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte - insbesondere die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung - wie sie in der Schweizer Guidance für den Rohstoffhandel und der OECD-FAO-Leitlinie für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten dargelegt sind, umzusetzen;

  • Sich zu verpflichten, die international anerkannten Menschenrechte einzuhalten, insbesondere die Rechte in der 2018 verabschiedeten UNDROP-Deklaration mit besonderem Schwerpunkt auf der Gewährleistung des Rechtes auf einen angemessenen Lebensstandard;

  • Die sieben Prinzipien gerechter Geschäftsbeziehungen umzusetzen, wie sie vom ehemaligen UNO-Sonderberichterstatter Olivier de Schutter festgelegt wurden;

  • Den Zugang zu Wiedergutmachung für Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit ihren Geschäftstätigkeiten zu gewährleisten.