Für eine wirksame Geld­wäscherei-Bekämpfung: Unsere Forderungen

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Die Schweiz gilt seit langem als sicherer Hafen für illegal oder illegitim erworbene Gelder. Anstatt die Geldwäschereibekämpfung aktiv voranzutreiben, handelt die offizielle Schweiz jeweils erst auf internationalen Druck – während sich die Skandale häufen und zum Reputationsrisiko werden. Im August 2023 publizierte der Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes, das die erkannten und international kritisierten Lücken schliessen soll. Doch für eine effektive Geldwäschereibekämpfung gibt es schon jetzt Nachbesserungsbedarf.

Korruption und Geldwäscherei entziehen Ländern des globalen Südens dringend benötigte Mittel – die immer wieder auf Schweizer Konten landen oder in teuren Villen investiert werden. Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Integrität des Finanzplatzes und Wirtschaftsstandortes sowie die Stabilität des Finanzsystems dar. 

Seit Jahren stellt Public Eye daher insbesondere die folgenden Forderungen: 

  1. Ausweitung des Geldwäschereigesetzes auf Beratungstätigkeiten. 

  2. Einführung eines Registers der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen und anderen Rechtskonstrukten, die häufig zur Geldwäscherei verwendet werden. Dieses Register muss angemessen einsehbar sein.

  3. Reformen bei der Strafbarkeit von Unternehmen 

Ähnliche Forderungen stellt auch die Financial Action Task Force (FATF), eine internationale zwischenstaatliche Organisation zur Verhinderung der Geldwäscherei. Sie hat Standards aufgestellt, an denen sie die teilnehmenden Staaten regelmässig misst. Diese Länderexamen der Schweiz in den Jahren 2005 und 2016 stellten neben einigen Fortschritten vor allem Verbesserungsbedarf fest. Unerfüllt bleibt insbesondere die Forderung der FATF nach einer Ausweitung des Geldwäschereigesetzes auf Berater*innen und nach einem effektiven Sanktionssystem. Der Bundesrat wollte die Kritik der FATF bereits im Jahr 2020 teilweise adressieren. Auf Druck der Anwaltslobby hat die bürgerliche Parlamentsmehrheit aber die dringend notwendige Reform verhindert. 

Die Kritik der FATF blieb somit bestehen. Zudem hat die FATF im März 2022 die Anforderungen an die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten erhöht, was zu einem Anpassungsbedarf führt. Der Bundesrat hat daher am 30. August 2023 einen Gesetzentwurf in die Vernehmlassung geschickt, der die Kritikpunkte der FATF adressieren soll: Das Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen. 

Allerdings handelt es sich einmal mehr um ein Pflaster, nicht um eine Wurzelbehandlung. Public Eye hat im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens eine umfassende Stellungnahme eingereicht. 

Die Forderung nach einer effektiveren Geldwäschereibekämpfung bleibt somit aktuell. 

Ausweitung des Geldwäschereigesetzes auf Beratungstätigkeiten 

Die Schweiz muss ihr Geldwäschereigesetz (GwG) auf weitere Aktivitäten neben dem Bankgeschäft ausweiten, bei denen ein besonderes Geldwäschereirisiko besteht. Das gilt in erster Linie für Beratungstätigkeiten bei der Gründung und Verwaltung von Rechtseinheiten und Trusts. 

Bis anhin verpflichtet das GwG nur Banken und ähnliche Finanzdienstleister, die Identität ihrer Kund*innen und der Personen, für die sie handeln, genau abzuklären. Auch müssen nur sie einen Verdacht auf Geldwäscherei an die zuständige Meldestelle, die MROS, melden. 

Die FATF fordert eine Ausweitung dieser Sorgfalts- und Meldepflichten auf Casinos, Makler*innen, Edelmetall- und Edelsteinhändler*innen, Anwält*innen, Notar*innen, Buchhalter*innen, Trustees und Dienstleister*innen. Das ist richtig so. Wer Dienstleistungen erbringt, die häufig zur Geldwäscherei verwendet werden, muss auch in die Abwehr von Straftaten eingebunden sein. Damit solche Pflichten effektiv sind, muss ihre Verletzung unter Strafe gestellt werden. 

Public Eye fordert, die Berater*innen einschliesslich Anwält*innen effektiven Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem GwG zu unterstellen. 

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Ein zugängliches Register der wirtschaftlich Berechtigten 

Die Schweiz braucht ein Register der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen und anderen Konstrukten. Damit könnten die Behörden, aber auch Journalist*innen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und andere berechtigte Nutzer*innen die Personen identifizieren, die sich hinter solchen Konstrukten verstecken. Dies würde die Bekämpfung von Geldwäscherei und Korruption entscheidend stärken. 

Wirtschaftskriminelle verstecken sich häufig hinter Briefkastenfirmen und ähnlichen juristischen Konstrukten (also Unternehmen, Stiftungen, Vereinen). Derzeit kann man von aussen nicht erkennen, welche natürlichen Personen letztlich hinter solchen Rechtseinheiten und Trusts stehen, wer sie kontrolliert, wem ihr Vermögen wirklich gehört. 

Die Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigten ist eine der wirksamsten Massnahmen gegen Wirtschaftskriminalität. Dies ist mittlerweile auch international anerkannt, insbesondere durch die FATF. 

Heute müssen Strafverfolgungs- und Steuerbehörden bei juristischen Personen oft langwierig ermitteln, mit wem sie es eigentlich zu tun haben. Ausländische Behörden müssen für ihre Ermittlungen die umständlichen Mechanismen der Rechts- und Amtshilfe durchlaufen. Ein zentrales Register der wirtschaftlich Berechtigten würde ihre Arbeit erheblich vereinfachen.  

Der Zugang zu solchen Informationen würde aber auch die Arbeit von Journalist*innen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) erleichtern, die Korruptions- und Geldwäschereifälle aufdecken. Das öffentliche Interesse an solchen Fällen ist sehr hoch, weshalb auch Medien und NGOs Zugriff auf das Register erhalten sollten.  

Public Eye fordert ein effektives Register der wirtschaftlich Berechtigten an Unternehmen, das Behörden im In- und Ausland sowie Nutzer*innen mit einem berechtigten Interesse zugänglich ist. Dazu gehören insbesondere Medien und NGOs, die zu Geldwäscherei und Korruptionsbekämpfung arbeiten. 

Unternehmensstrafbarkeit: Höhere Bussen und klarere Regeln 

Im Bereich der Sanktionierung und Strafverfolgung von Unternehmen besteht Reformbedarf. Insbesondere schreckt die aktuelle Höhe der Bussgelder nicht ab. 

Unternehmensstrafbarkeit 

Die maximale Bussenhöhe von momentan 5 Millionen Franken muss erhöht werden, damit sie abschreckend wirkt. Wir fordern eine Erhöhung auf 10 Millionen Franken sowie, wenn die Maximalbusse im Verhältnis zur Schwere des Tatvorwurfs und zur Deliktsumme zu gering erscheint, bis zu 10% des durchschnittlichen Umsatzes der vergangenen drei Jahre vor der Verurteilung. Eine solche Erhöhung ist zum einen aufgrund der allgemeinen Preissteigerung seit der Einführung der Unternehmensbusse im Jahr 1998 angemessen. Zum anderen hatte bereits die Vernehmlassungsvorlage des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements zum einzuführenden GwG vom 11. März 1991 bei Verbrechen eine Strafe von bis zu 10 Millionen Franken vorgesehen. 

Neben der Unternehmensbusse muss die Schweiz weitere Sanktionsmöglichkeiten ins Gesetz schreiben. Auch dazu kann sich die Gesetzgeberin an der Vernehmlassungsvorlage 1991 orientieren: Weisungen, Bewährungsaufsicht, Tätigkeitsverbot sowie die Auflösung des Unternehmens. 

Weiter braucht es klare Regeln für die Aufteilung des eingezogenen unrechtmässigen Gewinns bzw. der Ersatzforderung zwischen der geschädigten Zivilbevölkerung im betroffenen Staat und der Schweizer Staatskasse. 

Strafverfahren gegen Unternehmen 

Strafverfahren gegen Unternehmen dürfen nur bei leichter Delinquenz per Strafbefehl erledigt werden. Dazu braucht eine neue gesetzliche Grundlage, welche die Anwendung des Strafbefehlsverfahren im Bereich der Strafverfolgung von Unternehmen einschränkt. 

Die Strafbehörden sollen gemeinsame Richtlinien publizieren, unter welchen Voraussetzungen Selbstanzeigen und vollumfängliche Kooperation der fehlbaren Unternehmen strafmildernd berücksichtigt werden. Als Inspiration können hier die U.S. amerikanischen Principles of Federal Prosecution of Business Organizations dienen. 

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Bei Wirtschaftskriminalität kommt es in der Schweiz nur sehr selten zu Verurteilungen. Warum das so ist und was sich ändern muss, erfahren Sie hier. 

 

Public Eye fordert, dass Unternehmen strafrechtlich stärker zur Verantwortung gezogen werden. Insbesondere müssen die maximalen Bussgelder erhöht werden, damit sie abschreckend wirken. 

Innovative Ansätze zur Bekämpfung der Geldwäscherei 

 Gerade im Bereich der Geldwäscherei sind zudem wissenschaftliche und innovative Ansätze zu entwickeln. Die Schweizer Banken investieren grosse Ressourcen und Summen in ihre Überwachungssysteme, die Zahl der Meldungen an die MROS steigt - und trotzdem kommt es immer wieder zu teils spektakulären Fällen. 

Behörden, Finanzintermediäre, Wissenschaft und weitere interessierte Kreise müssen daher in einen Dialog treten, um die Geldwäschereiabwehr systemisch zu stärken. Hierbei müssen sie auch neuartige Ansätze prüfen und gegebenenfalls implementieren, z.B.: 

  • Möglichkeiten zum Teilen von Informationen zwischen Finanzintermediären. Wenn ein Institut einen Kunden als problematisch erkennt und der Geldwäscherei-Meldestelle MROS Meldung erstattet, sollte es andere Institute vor einer Geschäftsbeziehung warnen dürfen. Eine solche Regelung kann z.B. erst ab einem gewissen Betrag oder nur bei bestimmten Fallmustern eingreifen. Die Monetary Authority Singapore (MAS) entwickelt zur Zeit eine digitale Plattform, die einen solchen Austausch ermöglichen soll, die COSMIC (Collaborative Sharing of Money Laundering/Terrorism Financing (ML/TF) Information & Cases). 

  • Informationen zu neu beobachteten Mustern. Die FINMA und die MROS informieren in ihren Jahresberichten regelmässig über häufige Fallmuster der Geldwäscherei. Derartige Informationen sollten ausgebaut und insbesondere um Hinweise ergänzt werden, wie die Institute entsprechende Fälle erkennen können. Die Publikation sollte zeitnah geschehen, nicht erst im Jahresbericht. 

  • Teilen der Erkenntnisse aus der Aufsichtsarbeit. Die FINMA sollte in wesentlich grösserem Umfang und zeitnäher Beispiele zu best und worst practices mit den beaufsichtigten Finanzinstituten teilen. Das Amtsgeheimnis sollte eine solche im Interesse der Stabilität des Finanzplatzes liegende Offenlegung nicht behindern, zumal eine namentliche Nennung der Institute nicht erforderlich ist. 

  • Entwicklung von Mustern top down. Bestimmte Straftaten führen zu bestimmten Zahlungsmustern, bei denen die einzelne Zahlung jedoch unauffällig bleiben kann. Analog der Initiative «Finance Against Slavery and Trafficking» der United Nations University for Policy Research sollten auch die Schweizer Akteure aktiv Anleitungen zur Identifikation solcher Zahlungsmuster entwickeln, die im Zusammenhang mit bestimmten Straftaten entstehen. 

  • Analyse und erforderlichenfalls Überarbeitung der Prüfpunkte zum GwG Banken 2023. Die FINMA macht den Prüfgesellschaften Vorgaben für die Prüfung von GwG-Aspekten. Anhand von Problemfällen ist festzustellen, warum die Prüfer Probleme, insbesondere systematische Probleme, nicht erkannt haben. Erforderlichenfalls sind die Prüfpunkte anzupassen und weitere Massnahmen zu treffen. 

  • Erleichterte Voraussetzungen für die Annahme einer aus der Unternehmenshaftung abgeleiteten persönlichen Haftung von Gesellschaftsorganen (Geschäftsleitung und Vorstand), analog der Halterhaftung beim Führen eines Kraftfahrzeugs. Eine solche Haftung sollte zum einen strafrechtlicher Natur sein und zum anderen zumindest einen erleichterten Claw-Back, also eine Rückforderung gezahlter Boni, umfassen. 

  • Umsetzung der FATF-Empfehlungen. Generell verfolgt die Schweiz im Bereich der Geldwäscherei-Prävention einen minimalistischen Ansatz und setzt insbesondere die FATF-Empfehlungen nur so weit um, wie es erforderlich ist, um einem schlechten Rating zu entgehen. Ziel muss es aber sein, die Geldwäscherei effektiv und effizient zu bekämpfen. Die Empfehlungen und detaillierten Kommentare sollten daher grundsätzlich als wertvolle Verbesserungsvorschläge betrachtet und umgesetzt werden.