Geldwäschereiabwehr: Die Schweiz handelt nur unter Druck

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Die Schweizer Gesetzgebung zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und insbesondere zur Geldwäschereiabwehr ist skandalgetrieben und oftmals erst auf internationalen Druck entstanden.

Nach etlichen Fällen versteckter (Steuerflucht-)Gelder aus Italien Ende der 1970er-Jahre, bekannt als Chiasso-Skandal, unternahmen die Schweizer Banken den Versuch, sich selbst zu regulieren. Die Schweizer Bankiervereinigung veröffentlichte zusammen mit der Schweizerischen Nationalbank die erste Fassung der Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken. Die Banken verpflichteten sich namentlich, eine seriöse Identifikation der Kund*innen vorzunehmen und die wirtschaftlich Berechtigten und Personen hinter Sitzgesellschaften abzuklären.

Dies hinderte Institute des Schweizer Finanzplatzes bekanntlich nicht daran, weiterhin mit fragwürdiger Klientel Geschäftsbeziehungen einzugehen. Es brauchte drei weitere Skandale, bis die Politik einsah, dass ein Geldwäschereigesetz notwendig ist.

Zum einen konnte der Bundesrat 1986 nur mit Notrecht einen grösseren Reputationsschaden abwenden, als der gestürzte philippinische Diktator Marcos versuchte, sein Millionenvermögen u.a. bei der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA, heutige Credit Suisse) abzuziehen. 17 Jahre später konnte die Schweiz 684 Mio. US-Dollar an die Philippinen zurückgeben.

Zeitgleich, also zwischen 1985 und 1988, kamen zunächst die als Pizza-Connection und später die als Libanon-Connection bekannten Affären ans Licht. Dabei ging es um Geldwäscherei von Erlösen der internationalen Drogenmafia. Deren Auswirkungen sind im politischen Gedächtnis der Schweiz wohl bekannt – die damalige Justizministerin und erste Bundesrätin, Elisabeth Kopp, musste von ihrem Amt zurücktreten. Zudem beschlossen verschiedene ausländische Finanzaufsichtsbehörden (u.a. die USA und Australien), die Schweiz als «unterreguliertes Offshore-Zentrum» an den Pranger zu stellen.

Der Bundesrat sah sich veranlasst, die Behandlung der Geldwäschereistrafnorm vorzuziehen und verabschiedete die Botschaft im Juni 1989. Auch das Parlament behandelte das Geschäft ohne weiteren Verzug und verabschiedete die Vorlage am 23. März 1990. Der Geldwäscherei-Tatbestand im Strafgesetzbuch trat per 1. August 1990 in Kraft.

Mangelnde Proaktivität

Gleichzeitig ging es auf internationaler Ebene schnell vorwärts. Anlässlich des «Sommet de l’Arche» 1989 in Paris wurde auf Initiative Frankreichs - unterstützt durch die USA- die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) gegründet. Die Schweiz war Teil der ursprünglich zwölf Mitgliedsstaaten, die 40 Empfehlungen verabschiedeten. Jedes Land konnte dabei seine Spezialität einbringen: Die USA etwa bestanden auf der Routinekontrolle von Bargeldimporten über 10'000 US-Dollar, die Schweiz brachte die Kund*innenidentifikation ein und Grossbritannien das Meldewesen bei verdächtigen Transaktionen. Die FATF ist heute die führende Expertenorganisation und Standardsetzerin im Bereich der Geldwäschereibekämpfung.

Es brauchte jedoch fast ein Jahrzehnt, bis die Schweiz die durch sie mitverabschiedeten Empfehlungen in einem Gesetz umsetzte. Erst 1998 trat das Geldwäschereigesetz in Kraft.

Die mangelnde Proaktivität im Kampf gegen die Geldwäscherei begleitet die Schweizer Politik bis heute.

Erst auf Druck der OECD hat die Schweiz zugestimmt, den automatischen Informationsaustausch einzuführen, und damit das Bankgeheimnis im Verhältnis zum Ausland aufgegeben. Sonst, so die Drohung, wäre sie auf die Liste nicht kooperativer Länder (Steuerparadiese) gesetzt worden.

Auch bezüglich der Steuervergehen brauchte es internationalen Druck, bis die Schweiz die revidierten FATF-Empfehlungen von 2012 umsetzte. Letztere verlangten unter anderem eine Erweiterung der Vortaten für Geldwäscherei um Steuerdelikte. Dies führte in der Schweiz zur Schaffung des «qualifizierten Steuerdeliktes», das am 12. Dezember 2014 vom Parlament verabschiedet wurde.

Heute hinkt die Schweiz im Bereich der Geltung des Geldwäschereigesetzes (GwG) für die sogenannten Berater*innen und ihre Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Gründung, Führung oder Verwaltung von Gesellschaften (Firmenkonstrukte) oder Trusts hinterher. Dank des Drucks ihrer Lobby im Parlament ist das GwG in diesem Bereich nicht anwendbar. Wird der internationale Druck den Schweizer Widerstand noch einmal überwinden? Fortsetzung folgt...

Daniel Thelesklaf, der zweimal an der Spitze der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) stand, hat im September 2020 in einem Interview festgehalten:

«Wenn es um Geldwäscherei geht, wird in der Schweiz stets nur das absolute Minimum umgesetzt, das man aufgrund von Druck aus dem Ausland zwingend machen muss».