Wie geschmiert: Ölhändler Gunvor im Kongo

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Public Eye Recherchen enthüllen, dass sich der Genfer Rohstoffhandelskonzern Gunvor mittels zwielichtiger Personen Zugang zum schwarzen Gold der Republik Kongo verschafft hat. Die Verantwortung für diese zweifelhaften Praktiken schob Gunvor seit 2012 auf einen ehemaligen Angestellten - dass diese aber auch nach dessen Entlassung andauerten, belegt jedoch, dass das Problem tiefer liegt. Die Bundesanwaltschaft verurteilte Gunvor schliesslich 2019 wegen schwerer Mängel in der internen Organisation zur Verhinderung der Bestechung von Amtsträgern in der Republik Kongo sowie der Elfenbeinküste zur Zahlung einer Busse von fast 4 Millionen Franken und zog fast 90 Millionen Franken als illegal erworbenen Gewinn ein.

Report: Gunvor im Kongo

Öl, Schmiergeld, Politik.
Die Abenteuer einer Genfer Firma in Brazzaville.
Eine Geschichte in sechs Akten.

 

Die Recherche taucht ein in die trüben Gewässer des Rohstoffhandels und deckt die Geschäfte von Gunvor im Kongo, einem Land mit endemischer Korruption, auf. Der weltweit viertgrösste Rohstoffhändler mit Sitz in Genf, der sich lange Zeit auf den Handel mit russischem Öl spezialisiert hatte, versuchte Ende der 2000er Jahre seine Geschäfte auf Afrika auszudehnen. Um im Kongo Fuss zu fassen, einem besonders begehrten und riskanten Markt, setzte Gunvor auf seine Nähe zum Kreml. Eine Beziehung, welche die Firma zu der Zeit öffentlich stets abstritt.

2011 machten sich die Anstrengungen von Gunvor bezahlt. Der Genfer Rohstoffhändler unterzeichnete einen überaus lukrativen Vertrag mit der kongolesischen Erdölgesellschaft SNPC. Im Gegenzug vergab Gunvor Kredite an den Staat – mit der Unterstützung zweifelhafter Mittelsmänner.   

Nach Veröffentlichung des Berichts beschuldigte das Unternehmen kurzerhand einen ehemaligen Mitarbeiter, ohne sein Wissen gehandelt zu haben. Aufgrund exklusiver Dokumente kann Public Eye jedoch belegen, dass die fragwürdigen Tätigkeiten auch nach Abgang des besagten Mitarbeiters weiter anhielten. Public Eye hat die Reaktion Gunvors untersucht:

Die Kommunikationsstrategie Gunvors - Géraldine Viret, Mediensprecherin Public Eye

Das Beispiel Gunvor verdeutlicht die Mitverantwortung des Rohstoffhandels für den Rohstofffluch sowie die Folgen, die das Fehlen von Regulierungen mit sich bringt. Es zeigt, wie realitätsfremd die Argumente gegen eine strengere Gesetzgebung sind. Lösungsansätze wären indes vorhanden, darunter unsere Forderung nach Zahlungstransparenz oder einer Rohstoffmarktaufsicht (ROHMA). Es ist Zeit für die Schweiz, zu handeln.

Warum die Schweiz handeln muss – Andreas Missbach, Mitglied der Geschäftsleitung bei Public Eye

In einer den Bericht ergänzenden Analyse zeigt Public Eye auf, dass die Argumente, welche die Rohstoffhandelsfirmen gegen eine Regulierung ihres Sektors vorbringen, durch ihre reale Geschäftspraxis konterkariert werden. Die Analyse hält die wichtigsten politischen Lektionen dieses komplexen Falls mutmasslicher Korruption fest und formuliert Empfehlungen an die Bundesbehörden, damit die Schweiz endlich ihren wirksamen Beitrag zur Bekämpfung des Rohstofffluchs leistet. Die Verurteilung Gunvors im Oktober 2019 durch die Bundesanwaltschaft wegen Bestechung von Amtsträgern in der Republik Kongo und der Elfenbeinküste zur Zahlung von insgesamt fast 94 Millionen Franken, bestätigt die Ergebnisse unserer Recherche weitgehend. Das Genfer Handelshaus hatte kein sogenanntes Compliance-Programm, um Korruption zu verhindern. Die Ermittler in Bern haben festgehalten, dass deutliche Alarmsignale und Hinweise auf Unregelmässigkeiten ignoriert wurden. Aus ihrer Sicht «scheint das Korruptionsrisiko seitens Gunvor […] als Bestandteil der Geschäftstätigkeit akzeptiert worden zu sein.» Diese «schweren Organisationsmängel» führten zu fast 4 Millionen Franken Busse und zur Einziehung von fast 90 Millionen Franken vom illegalen Profit.

Mit der Analyse erreichte Public Eye zudem, dass der Ständerat ein Postulat von Anne Seydoux-Christe angenommen hat, das vom Bundesrat einen Bericht darüber verlangt, ob die Massnahmen der Banken ausreichend sind, um Geldwäscherei und Geschäfte mit politisch exponierten Personen auch im Rohstoffhandel zu verhindern. Im Februar 2020 hat der Bundesrat diesen Bericht zur «Aufsicht über die Rohstoffhandelstätigkeiten unter dem Blickwinkel der Geldwäscherei» veröffentlicht. Er bestätigt darin zwar das «hohe Korruptionsrisiko» im Rohstoffhandelssektor, schlägt aber ein weiteres Mal keine wirksamen Massnahmen vor.

Weitere Informationen:

Licht in dunkle Geschäfte Recherchen zum Rohstoffhandel