Widersprüchlicher Roh­stoff­bericht: Problem­anerkennung ohne Lösungs­vorschläge

Gestern hat der Bundesrat seinen Bericht zur «Aufsicht über die Rohstoffhandelstätigkeiten unter dem Blickwinkel der Geldwäscherei» veröffentlicht. Dieser sollte die Frage klären, ob die «indirekte Aufsicht» via Banken reicht, um Korruption und Geldwäscherei im Rohstoffhandel zu verhindern. Der Bundesrat bestätigt darin zwar das «hohe Korruptionsrisiko» in diesem Sektor, schlägt aber keine wirksamen Massnahmen vor.

Der Bericht geht zurück auf ein Postulat des Ständerats, das sich seinerseits auf eine Recherche bezog, in der Public Eye 2017 aufdeckte, wie sich Gunvor durch Mittelsmänner und Korruptionszahlungen lukrative Erdölgeschäfte in der Republik Kongo gesichert hat. Vergangenes Jahr wurde die Genfer Rohstoffhandelsfirma deshalb wegen «Organisationsmängeln» von der Bundesanwaltschaft zu einer Millionen-Busse verurteilt. Dieser Fall machte besonders klar, dass Bestechungen durch die beteiligten Banken nicht verhindert werden können. Kein Wunder, anerkennt der Bundesrat in seinem Bericht nun offiziell das «hohe Korruptionsrisiko», dem der Rohstoffhandelssektor ausgesetzt ist.

Aus dem Bericht geht auch klar hervor, dass es für die Schweizer Banken beim Handel mit Rohstoffen sehr schwierig ist, korrupte Geschäftsvorgänge zu erkennen. Über den Umfang der Bankfinanzierungen enthält er allerdings keine neuen Zahlen. Public Eye analysierte deshalb Daten, welche die niederländische Profundo recherchiert hat. Demnach haben die fünf grossen Schweizer Handelshäuser Glencore, Trafigura, Vitol, Mercuria und Gunvor zwischen 2013 und 2019 insgesamt 367,8 Milliarden Dollar als Kredite erhalten. Ein beträchtlicher Teil davon kam von ausländischen Geldinstituten, bei denen die «indirekte Aufsicht» durch Banken, die der Schweizer Regulierung unterstellt sind, von vorneherein ausgeschlossen ist.

Banken aus wenig regulierten Rechtsräumen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Mit fast 11,4 Milliarden Dollar im Jahr 2016 wurde etwa die vom Kreml kontrollierte Bank VTB zum wichtigsten Geldgeber von Glencore. Ein weiterer fragwürdiger Partner ist die Zentralbank von Libyen, die mit vier der fünf grossen Händler zusammenarbeitet. Ebenso fällt der Aufstieg von Banken aus Mauritius auf, die für ihre Intransparenz bekannt sind.

Obwohl der Bundesrat die Korruption im Rohstoffhandel als Vortat für Geldwäscherei anerkennt, fehlen Vorschläge für eine wirksame Aufsicht. Als vorbeugende Massnahme wird ausgerechnet der «Leitfaden zur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte» präsentiert, an dessen Erarbeitung auch Public Eye beteiligt war. Das Thema Korruptionsbekämpfung kommt darin aber überhaupt nicht vor. Der neue Bericht des Bundesrats zeigt also einmal mehr die Notwendigkeit von verbindlichen Sorgfaltsprüfungspflichten für Rohstoffhändler, insbesondere bezüglich ihrer Geschäftspartner. Mit dem Vorschlag für eine Rohstoffmarktaufsicht ROHMA hat Public Eye gezeigt, wie eine solche Aufsicht für klare Regeln sorgen und fehlbare Unternehmen sanktionieren könnte.

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