Rohstoffhandel Zahlungstransparenz: Was die Schweiz von Ghana lernen kann.

Ghana, das erst seit kurzem Öl fördert, veröffentlicht Daten zu den Verkäufen seiner staatlichen Erdölgesellschaft an Handelsfirmen; was im Rohstoffhandel höchst ungewöhnlich ist. Die Zahlen zeigen die herausragende Rolle, die Schweizer Rohstoffhändler in Ghana spielen. Die für den Sektor typische Intransparenz begünstigt Korruptionsskandale. Das Beispiel Ghana zeigt, dass es eine Verpflichtung für Rohstoffhandelsfirmen braucht, ihre Zahlungen an Förderländer offenzulegen. Die Schweiz muss mit gutem Beispiel vorangehen!

Bis zur Unabhängigkeit 1957 trug das heutige Ghana den Namen «Goldküste». Der vielversprechende Name verweist auf einen der ersten Bodenschätze, die ab Ende des 15. Jahrhunderts die Begehrlichkeit europäischer Kaufleute weckten. Die Ölförderung begann erst 2011, vier Jahre nach der Entdeckung der ersten Erdölvorkommen im Offshore-Ölfeld Jubilee. Acht Jahre später verkündete das norwegische Unternehmen Aker Energy, auch im Ölfeld Pecan Erdölvorkommen gefunden zu haben

Die Entdeckung von Erdölvorkommen wird stets als Wohlstandsversprechen propagiert. Dieses wird aber in fragilen Staaten selten eingelöst. Als «neues» ölproduzierendes Land wollte Ghana dem Rohstoff-Fluch entgehen, der viele Förderländer trifft. 2011 unterzeichnete die Regierung von Präsident Atta Mills ein Gesetz über die Verwendung von Erlösen aus dem Erdölverkauf, und gründete das Public Interest and Accountability Committee (PIAC). Dieses Gremium hat die Aufgabe, für Rechenschaft und Transparenz bei der Verwendung von Öl- und Gaseinnahmen zu sorgen.

Die bedeutende Rolle der Schweizer Rohstoffhändler

Zwar warnte der Internationale Währungsfonds (IWF) bereits 2018, sieben Jahre nach Beginn der Ölförderung in Ghana, vor der mangelnden Durchsetzung des Gesetzes. Trotzdem beweist Ghana, dass ein transparenter Ansatz möglich ist. Die Publikation von Daten über Ölverkäufe gibt einen guten Überblick über wichtige Staatseinnahmen: Die Informationen stammen von der staatlichen Erdölgesellschaft (Ghana National Petroleum Company GNPC), der Initiative zur Verbesserung der Transparenz in der Rohstoffindustrie (EITI) bzw. ihrem ghanaischen Zweig GHEITI sowie von weiteren staatlichen Institutionen. Aufschlussreich sind die Daten auch bezüglich der Hoheitsgebiete, aus denen die wichtigsten Käufer operieren.

Wer erwirbt das schwarze Gold Ghanas? Im vergangenen Dezember ergab eine detaillierte Analyse ghanaischer Daten durch das National Resource Governance Institute (NRGI), dass Schweizer Rohstoffhändler auf diesem Markt eine bedeutende Rolle spielen.

Zwischen 2015 und 2019 verkaufte die staatliche Gesellschaft Erdöl im Wert von über 1 Milliarde US-Dollar an Handelshäuser mit Firmensitz in der Schweiz - ein Anteil von 40% aller Verkäufe der GNPC.

Konkret wurden 17 von 44 Frachtladungen an Schweizer Unternehmen veräussert: zehn an Litasco, drei an Gemcorp Commodities Trading, eine an Trafigura und eine an Vitol (alle mit Sitz in Genf) sowie zwei an Glencore (mit Sitz in Baar, im Kanton Zug).

© NRGI

Somit spielen Schweizer Händler in Ghana, wie auch in anderen afrikanischen Ländern, eine herausragende Rolle. Wie kommt es zu Verkäufen im Wert von über einer Milliarde US-Dollar? Diese kolossale Summe ist fast zehnmal höher als die Ausgaben der ghanaischen Regierung für den sozialen Bereich während dieser fünf Jahre. Und das in einem Land mit stagnierender Armut, in dem Kinder eine 40% höhere Wahrscheinlichkeit haben, in Armut zu leben als Erwachsene. Angesichts solcher Probleme muss sichergestellt werden, dass auch die Bevölkerung von den Einnahmen aus ihren Bodenschätzen profitiert. Eine höhere Zahlungstransparenz ist eine wesentliche Voraussetzung dazu.

Ghanas EITI-Berichterstattung über Ölverkäufe zeigt, dass es möglich ist, detaillierte Informationen über diese Einnahmen zu liefern. Bei der EITI handelt es sich jedoch um eine freiwillige Initiative. Etliche Förderländer sind darin nicht eingebunden. Auch Handelsunternehmen sind aufgefordert, ihre Zahlungen an Regierungen zu veröffentlichen, jedoch besteht für sie keinerlei Verpflichtung. Sie müssten sie gesetzlich dazu verpflichtet werden, diese Daten offenzulegen. Zahlungstransparenz ist ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Korruption. Damit sinkt das Risiko, dass Einnahmen aus dem Abbau und Verkauf von Rohstoffen in den Taschen korrupter Potentaten oder Beamter landen, und die Bevölkerung kann Rechenschaft darüber einfordern.

Undurchsichtige Branche, passiver Bundesrat

Die Intransparenz des Rohstoffhandels ist hinlänglich bekannt. Und die Flut von Korruptionsfällen im Jahr 2020 beweist, dass die Branche das Problem keineswegs überwunden hat. Im Dezember 2020 stimmte Vitol einer Zahlung von über 160 Millionen US-Dollar zu, um Gerichtsverfahren in verschiedenen Ländern beizulegen. Insbesondere geht es um Korruption in Brasilien, Mexiko und Ecuador, in einigen Fällen bis Juli 2020. Ende November 2020 informierte die brasilianische Staatsanwaltschaft darüber, dass gegen Trafigura und ehemalige Führungskräfte wegen verdächtiger Transaktionen im Fallkomplex Lava Jato ermittelt wird.

In der Schweiz ist jedoch weiterhin politische Untätigkeit an der Tagesordnung. Nach einem im Juni 2020 durch das Parlament verabschiedeten Gesetz müssen Schweizer Unternehmen, die in der Rohstoffförderung tätig sind, künftig Zahlungen an Regierungen von Ländern offenlegen, die Erdöl und andere natürliche Ressourcen produzieren. Der Haken: Dieses Gesetz erfasst Handelsaktivitäten nicht und dürfte daher folgenlos bleiben. Eine Analyse von Public Eye ergibt, dass lediglich vier Unternehmen von den neuen Bestimmungen betroffen sind. 

Von 544 Schweizer Rohstoffunternehmen ist lediglich eine Handvoll (1-3%) betroffen.

Es ist Zeit, wirklich zu handeln!

Der Bundesrat hat sich durch eine Delegationsnorm die Möglichkeit offen gehalten, das Gesetz auf den Handel auszudehnen, um sich an eine Weiterentwicklung des internationalen Rechts anzupassen. Er könnte also auch die Rohstoffhändler den Transparenzpflichten unterstellen, sobald andere Länder dies tun – oder bereits jetzt, denn es besteht dringender Handlungsbedarf! Die Förderländer haben unter dem Einbruch der Ölpreise infolge der Corona-Pandemie stark gelitten. Dies gilt selbst für Länder wie Ghana, in denen das schwarze Gold nicht die Hauptressource ist: Die Wachstumsprognosen für 2020 fallen fast viermal niedriger aus als die Schätzungen für 2019. Der Sinkflug der Ölpreise hat zu einem Rückgang der Staatseinnahmen geführt. Dabei wurde das Risiko einer Überschuldung bereits im Dezember 2019 als hoch eingestuft.

Angesichts der auf dem Spiel stehenden enormen Beträge, der wiederkehrenden Korruptionsskandale auf dem Schweizer Handelsplatz und der Corona-bedingten Krise in den Förderländern ist völlig unverständlich, dass die Schweizer Behörden nicht handeln wollen.

Worauf wartet der Bundesrat noch, um den von ihm hofierten Rohstoffhändlern endlich die heilsame Transparenz zu verordnen?

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