Die Schweiz und ihre Verantwortung

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Schokolade wird hierzulande mit 11 Kilogramm pro Kopf und Jahr nicht nur sehr viel konsumiert, sondern ist auch eines der bekanntesten und beliebtesten Schweizer Exportprodukte.

Nicht nur im Konsum von Schokolade, sondern auch in deren Herstellung ist die Schweiz führend. Die beiden Schweizer Firmen Nestlé und Lindt & Sprüngli vereinen über 10% des weltweiten Marktes auf sich. Weniger bekannt ist, dass Schweizer Firmen aber nicht nur bei der Herstellung von Schokolade zu den führenden Unternehmen zählen, sondern auch im Handel mit Kakaobohnen und der Weiterverarbeitung zu Kakaobutter oder Kuvertüre den globalen Markt dominieren. Barry Callebaut, der weltgrösste Produzent von Industrieschokolade, hat seinen Hauptsitz in Zürich und ist nach eigenen Angaben in die Herstellung von 25% der Schokoladeprodukte weltweit involviert. Bei der Kuvertüre, die v.a. an kleinere Hersteller, Gastronomiebetriebe oder Confiserien verkauft wird, spricht Barry Callebaut sogar von einem globalen Marktanteil von 40%. Des Weiteren haben auch Firmen die vor allem im Handel tätig sind ihren Sitz in der Schweiz, so z.B. ECOM Agroindustrial, die selbstdeklarierte Nummer 3 im Handel mit Kakaobohnen.

Die Schweiz trägt deshalb eine besondere Verantwortung für die Missstände im Sektor.

Doch weiterhin wird für politische Probleme wie Preissetzungsmechanismen und damit einhergehende Armutseinkommen in erster Linie auf technische Lösungen wie Programme zur Produktivitätssteigerung gesetzt. Auch die im Januar 2018 gegründete Schweizer Plattform für nachhaltigen Kakao, eine Initiative von Industrie, Verwaltung sowie einiger zivilgesellschaftlicher Akteure, greift diesbezüglich zu kurz. Anstatt von Schweizer Kakao- und Schokoladefirmen zu verlangen, dass diese in ihrer gesamten, internationalen Lieferkette sozial- und umweltverträglich wirtschaften, werden nur die physisch in die Schweiz importierten Kakaoprodukte betrachtet. Dies klammert die gesamte von Schweizer Firmen im Ausland produzierte Schokolade und somit einen gewichtigen Anteil aus den Nachhaltigkeitsbemühungen aus.

Freiwilligkeit reicht nicht

Freiwillige Massnahmen der Industrie reichen nicht aus, um die gravierenden Missstände zu beheben. Public Eye fordert deshalb von der Schweizer Politik rechtlich verbindliche Massnahmen, um sicherzustellen, dass Schweizer Kakaokonzerne Menschenrechte und Umwelt auch im Ausland respektieren.

Internationale Bemühungen

Das einzige international anerkannte Dokument, das Verbindlichkeiten zwischen verschiedenen Akteuren stärken soll und auch von der Schweiz unterzeichnet wurde, ist das Internationale Kakao-Übereinkommen (PDF, 571 KB).

Das internationale Kakao-Übereinkommen wurde 2010 zum vierten Mal erneuert und ist seit dem 1.1.2012 in Kraft. Mit dem Regierungsabkommen soll die Zusammenarbeit und der Dialog in der internationalen Kakaowirtschaft langfristig und nachhaltig gestärkt werden. Die Hilfsprogramme, die von der Industrie mitfinanziert werden und den Kakaoanbauenden Unterstützung versprechen, sind zwar in ihren Ansätzen vielversprechend und zeigen im Kleinen bereits Wirkung, sind aber noch viel zu wenig umfassend, um die Lebenssituation der Bauernfamilien langfristig und nachhaltig zu verbessern. Zudem widmen sich die Programme nicht dem Kakaopreis und dem Einkommen der Bauernfamilien: dem eigentlichen Kernproblem.

Mit der Unterzeichnung der Abidjan Cocoa Declaration und der Anerkennung der Global Cocoa Agenda haben sich die Mitglieder der UNO-Sonderorganisation International Cocoa Organization (ICCO), darunter auch die Schweiz, Unternehmen, Interessensverbände und Bauernorganisationen an der ersten Weltkakaokonferenz in Abidjan (Elfenbeinküste) 2012 zudem bereit erklärt, an der Weiterentwicklung des gesamten Sektors mitzuarbeiten. Bisher (Stand Juli 2018) fehlte der Agenda jedoch ein Rahmen zur Evaluation der Massnahmen – sie riskiert so, wirkungslos zu werden.