Congo Hold-Up, letzte Folge In der Schweiz bezahlten Vertraute des Kabila-Clans ihre Traktoren mit Geldern aus China-Deal

Vor zwei Wochen machte Public Eye öffentlich, dass der belgische Geschäftsmann Philippe de Moerloose für den Verkauf eines Gebäudes in Kinshasa im Jahr 2013 von der UBS Genf 12 Millionen Dollar erhalten hatte. Das Gebäude war von einer Scheinfirma der Familie des ehemaligen kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila mit veruntreuten öffentlichen Geldern erworben worden. Im Rahmen der Recherchen von «Congo Hold-Up» konnte eine weitere fragwürdige Zahlung von 7 Millionen nachgewiesen werden, die ein Jahr zuvor über eine von de Moerloose kontrollierte Offshore-Gesellschaft auf einem Konto der UBS Zürich eingegangen war. Die Gelder wurden von einer landwirtschaftlichen Gesellschaft bezahlt, die sich in den Händen von zwei Kabila-Vertrauten befand. Diese wiederum steht im Verdacht in Beziehung zu einer Reihe verdächtiger Geldflüsse zu stehen, welche ihren Ursprung in einem mit China unterzeichneten «Jahrhundertvertrag» hat. Das ist die letzte Folge unserer Serie.

Auch wenn sie dies vehement bestreiten: Joseph Kabila und Philippe de Moerloose laufen sich nicht nur bei Hochzeiten oder offiziellen Anlässen über den Weg, wie wir dies in der ersten Folge unserer Serie beschrieben haben. Der ehemalige Staatschef der Demokratischen Republik Kongo (DRK) und der belgische Unternehmer müssen durch ihre Geschäfte eine gewisse Komplizenschaft gepflegt haben, die durch die Finanzakrobatik der meisten ihrer Operationen noch intensiviert wurde.

Vor zwei Wochen enthüllte die erste Folge von «Congo Hold-Up» – einem riesigen Leak von 3,5 Millionen Daten, die von einem Konsortium aus Medien und NGOs, darunter Public Eye, analysiert wurden –, dass der Kabila-Clan sich ein Gebäude für 12 Millionen US-Dollar gekauft hatte, die 2013 auf das Konto des belgischen Geschäftsmannes bei der UBS Genf gezahlt worden waren (unseren Bericht lesen). Dies ist nicht die einzige Transaktion zwischen den beiden Parteien, die über die Schweiz abgewickelt wurde. Unsere Untersuchung ergab, dass ein Jahr zuvor eine Offshore-Gesellschaft im Besitz von Philippe de Moerloose einem vom Kabila-Clan kontrollierten Agrarunternehmen mehr als 7 Millionen US-Dollar in Rechnung gestellt worden waren. Diesmal kam das Geld in der Zürcher Filiale der UBS an.

Ein Mann, mit dem man über grosse Lastwagen sprechen kann

Aus den Dokumenten von Congo Hold-Up geht hervor, dass das Unternehmen Heavy Machinery and Industrial Equipment (HMIE) SA am 25. September 2012 von Grands Élevages du Bas-Congo (GEL) 7 Millionen US-Dollar auf sein Konto bei der UBS Zürich überwiesen bekommen hat. Grund für die Transaktion: «Beschaffung von Landwirtschaftsgeräten».

HMIE, dessen einziger Begünstigter Philippe de Moerloose ist, wie er uns bestätigt hat, ist eine Offshore-Gesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln (BVI). Das Unternehmen ist im Bereich der Maschinen für den Hoch- und Tiefbau sowie die Landwirtschaft tätig.

GEL stand zu diesem Zeitpunkt kurz davor, Joseph Kabila in die Hände zu fallen, der sich seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2001 ein Agrarimperium aufgebaut hatte. Das kongolesische Ministerium für Grundstücksangelegenheiten hatte ihm nach Angaben unserer Partnerorganisation, der NGO Congo Research Group, direkt 8‘633 Hektar Acker- und Weideland zugesprochen. Die Firma GEL, die 60‘000 Hektar Land verwaltet, ist auf Rinder- und Schafzucht sowie Ackerbau spezialisiert. Einige Monate nach der Transaktion mit HMIE wurden 100 % der GEL-Anteile an Ferme Espoir verkauft, ein landwirtschaftliches Betriebsnetz, das sich direkt in den Händen der Familie Kabila befindet.

© Sonia Rolley / RFI
Ein von der Firma GEL verwaltetes Land auf der Insel Mateba in der DRK, im Besitz der Familie Kabila

Philippe de Moerloose, der von Public Eye im Namen des Konsortiums befragt wurde, beschreibt GEL als einen «historischen Kunden [seines] Konzerns», der Landwirtschaftsgeräte und Zubehör von einer amerikanischen Marke (die insbesondere auf Traktoren spezialisiert ist) bezieht, für deren Vertrieb und Kundendienst in der DRK er zuständig ist. Obwohl er auf die «strengen» Compliance-Regeln hinweist, die in seiner SDA Holding-Gruppe gelten, sagt der Geschäftsmann, er wisse nichts davon, dass die Kabilas die GEL kontrollieren. Er verweist auf Wikipedia, wo dieses Unternehmen noch unter dem Namen eines anderen Konzerns aufgeführt wird: «Im Anschluss an Ihre Anfrage haben wir Nachforschungen angestellt und konnten einige Artikel lesen, in denen erwähnt wird, dass GEL mit Ferme Espoir verbunden sei, obwohl unsere Handelsvertreter in Kinshasa seit über zehn Jahren immer noch mit denselben Ansprechpartnern innerhalb dieser Firma in Kontakt stehen.»

Das Stiefkind der Frankophonie

Genauso problematisch wie die Beteiligung von GEL: die Herkunft der Gelder, die diese Gesellschaft im September 2012 an UBS Zürich ausgezahlt hat. Im Vorfeld dieser Transaktion spielten sich seltsame Dinge ab.

Im Hinblick auf den Frankophonie-Gipfel im Oktober 2012 in Kinshasa hatte das Organisationskomitee einen Kredit in Höhe von 40 Millionen US-Dollar beantragt. Francis Selemani, Adoptivbruder von Joseph Kabila und Geschäftsführer der BGFIBank RDC, erhielt diese Summe von der Muttergesellschaft der Bank in Gabun. Die kongolesische Niederlassung gab jedoch nur 26 Millionen frei, von denen 10 Millionen tatsächlich an das Organisationskomitee des Frankophonie-Gipfels verliehen wurden.

Von den verbleibenden 14 Millionen US-Dollar überwies die BGFIBank RDC 7 Millionen in Form eines «Kreditvorschusses» an GEL, den mächtigen Agrarkonzern des Kabila-Clans, so der offizielle Wortlaut vom 25.09.2012. GEL gehörte damals noch offiziell dem kongo-belgischen Geschäftsmann Alain Wan und dem Belgier Marc Piedbœuf, die wenige Monate später den Besitz an Joseph Kabila abtraten. Diese Summe wurde schliesslich verwendet, um Philippe de Moerlooses Offshore-Gesellschaft HMIE auf seinem Konto in der Schweiz zu bezahlen.

© Issouf Sanogo / AFP
Der ehemalige Präsident der DRK, Joseph Kabila, am 14. Frankophonie-Gipfel in Kinshasa am 14. Oktober 2012.

Ein chinesisches Puzzle

Bei dieser ohnehin schon akrobatischen Operation trat ein dritter Akteur auf: das BCPSC (Bureau de coordination et de suivi du programme sino-congolais = Büro für die Koordination und Überwachung des chinesisch-kongolesischen Programms). Die von einem vertrauten Kabilas geleitete kongolesische Behörde ist für die Überwachung der chinesischen Infrastrukturarbeiten zuständig, die im Rahmen des 2008 mit China unterzeichneten «Jahrhundertvertrags» durchgeführt werden sollen. Dieses Abkommen im Umfang von 6,2 Milliarden US-Dollar sah vor, dass China Zugang zu kongolesischem Kupfer und Kobalt erhalten und im Gegenzug für rund 3 Milliarden Strassen, Krankenhäuser, Gesundheitszentren und Universitäten bauen und ein Darlehen über nochmals gut 3 Milliarden gewähren sollte. In Tat und Wahrheit verursachte es «einen in der Geschichte des Kongo beispiellosen Schaden», so das Fazit eines vernichtenden Berichts der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI). Statt der versprochenen 3 Milliarden US-Dollar sei weniger als 1 Milliarde US-Dollar für Infrastrukturprojekte ausgegeben worden.

Am 13. November 2012 hat sich BCPSC den Betrag von 14 Millionen US-Dollar von der BGFI RDC geliehen. Das Geld wurde auf ein Konto überwiesen, das erst vier Tage zuvor eröffnet worden war. BCPSC zahlt sofort 7 Millionen Dollar an die BGFIBank RDC zurück und gleicht damit die Zahlung an GEL aus, den zuvor erwähnten Kreditvorschuss. Zudem überwies BCPSC 6 Millionen US-Dollar an ein anderes Unternehmen, MW Afritec, das auf Infrastrukturbauten spezialisierte Bauunternehmen des oben genannten Duos Wan-Piedbœuf.

Um den Kreis zu schliessen, zahlte schliesslich ein Unternehmen namens Congo Construction Company (CCC) die grosszügig verteilten 14 Millionen Kredit an die BCPSC zurück, so die Ermittlungen unserer Partner der US-amerikanischen NGO The Sentry. In Wirklichkeit ist CCC eher eine schwarze Kasse als ein Bauunternehmen. Sie wird einerseits vom Bergbauunternehmen Sicomines versorgt, das chinesisch-kongolesische Joint Venture, das ein riesiges Kupfer- und Kobaltvorkommen in der Region Kolwezi ausbeuten soll, und andererseits durch Zahlungen aus China und Hongkong über Offshore-Firmen.

© Michael J. Kavanagh
Die riesige Kupfer- und Kobalt-Mine, welche in der Nähe von Kolwezi in der DRK von Sicomines ausgebeutet wird.

Hat die BCPSC unter dem Deckmantel des Frankophonie-Gipfels und einer sehr kreativen Buchführung Bestechungsgelder an ein Unternehmen gezahlt, das vom Kabila-Clan kontrolliert wird? Das Hin und Her der Finanzströme und der zeitliche Ablauf legen jedenfalls den Schluss nahe, dass alles getan wurde, um die Herkunft der Gelder zu verschleiern. Dies hätte die Compliance-Abteilungen der Banken im Kongo und in der Schweiz auf den Plan rufen müssen.

Die UBS lehnte es ab, einen detaillierten Fragenkatalog zu ihren Compliance-Standards zu beantworten. Philippe de Moerloose seinerseits bestätigte, die Überweisung von 7 Millionen von der BGFIBank erhalten zu haben und versicherte, dass es sich tatsächlich um einen Verkauf von Landwirtschaftsgeräten handele. Hingegen lehnte er jede Verantwortung für die dubiosen Buchführungsmanipulationen ab. «Wir sind in keiner Weise über interne Bewegungen innerhalb der BGFI informiert. Wir kennen weder das Unternehmen Congo Construction Company noch seine Geschäftsführer.»

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