Congo Hold-Up Socars frustrierte Ambitionen im Kongo

Der aserbaidschanische Ölhändler mit Sitz in Genf versucht, sich Zugang zum kongolesischen Markt zu verschaffen, indem er ein Joint Venture mit einem dubiosen Mittelsmann und Joseph Kabilas Adoptivbruder gründet. Doch die finanziellen Ansprüche des Letzteren erweisen sich als unverhältnismässig hoch.

Eine zentrale Anlaufstelle für dubiose Geschäfte in der Demokratischen Republik Kongo? In der kleinen Business-Welt wird der Zeigefinger höchstwahrscheinlich in Richtung der kongolesischen BGFIBank-Filiale und des Mannes weisen, der sie acht Jahre lang geführt hat: Francis Selemani, ein erstklassiger Vermittler.

Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum ein Geschäftsvermittler des in Genf ansässigen Ölhändlers Socar Trading zwischen 2011 und 2012 ein gewagtes Unternehmen in Angriff nimmt: sich mit einem Banker, der nebenbei den Vorteil hat, der Adoptivbruder des ehemaligen kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila zu sein, sowie einem für sein umfangreiches Adressbuch und seinen nicht weniger ausgiebigen Lebensstil bekannten nigerianischen Mittelsmann zu verbünden.

Nachdem der Handelszweig des aserbaidschanischen Staatskonzerns um die Jahrtausendwende in Europa expandiert und sich in Nigeria niedergelassen hat, nimmt er nun den kongolesischen Markt ins Visier, ein Land mit etwa 100 Millionen Einwohner*innen. Das staatliche Unternehmen Cohydro (Congolaise des hydrocarbures), das in der Demokratischen Republik Kongo Erdölprodukte kauft und vermarktet, steckt in Finanzierungsschwierigkeiten. So kommen die drei Männer auf die Idee, eine lokale private Einrichtung zu gründen, die Diesel oder Heizöl kaufen soll, um diese dann an Cohydro weiterzuverkaufen. Eine Art Cohydro Plus, die nebenher eine solide Gewinnspanne einstreicht.

Public Eye hatte Zugang zu den von dem Trio ausgearbeiteten Plänen – einem Projekt, das bezeichnend dafür ist, wie Geschäfte im Kongo abgewickelt und Vermittler eingesetzt werden, die in Steuerparadiesen operieren. Geplant ist, dass die im Kongo tätige Einrichtung der Firma Alstair Investment auf Mauritius gehören soll, deren Aktionäre zwei zypriotische Firmen sind: Icmofil Investments Ltd (40%) und Energite Ltd (60%). Der wirtschaftlich Berechtigte der ersten ist niemand anderes als Francis Selemani, die Eigentümer der zweiten der Geschäftsvermittler von Socar Trading sowie der Mittelsmann mit dem Decknamen «Jimmy».

Socars ehrgeizige Ziele in Afrika

Eine Genfer Treuhandgesellschaft, die noch heute aktiv ist, übernimmt die Ausarbeitung dieses Konstrukts mit Ausgangspunkt auf Mauritius, einem der bedeutendsten Steuerparadiese weltweit. Sie soll unter anderem die Identität der wahren Begünstigten der Operation verschleiern. Gemäss den Plänen, die wir eingesehen haben, ist vorgesehen, dass die beiden zypriotischen Firmen Konten bei der Genfer Privatbank Mirabaud zugewiesen werden.

Effizient scheinen die kongolesischen Vermittler gewesen zu sein: Cohydro, einer der Grosskunden der BGFIBank RDC, war offenbar interessiert. In einem Brief vom 9. Februar 2012 lädt die kongolesische Erdölgesellschaft Socar Trading zu einem «Dialogbesuch» an ihrem Geschäftssitz in Kinshasa ein. In seiner Antwort schlägt ein Socar-Mitarbeiter einen Termin in der dritten Aprilwoche vor. Vergessen wir nicht, dass Socar Trading in Afrika ehrgeizige Ziele verfolgt, seit die Firma einen Teil der Mitarbeitenden der afrikanischen Niederlassung des ehemaligen Genfer Händlers Addax Petroleum angestellt hat, der 2009 in chinesische Hände übergegangen ist.

Selemanis Gier

Allerdings ist es unseren Informationen zufolge nie zu diesem Geschäft gekommen, die schönen Offshore-Konstrukte wurden nie realisiert. Eine Quelle erklärt: «Das Ganze war wirklich zu suspekt».

Angefangen mit «Jimmys» Profil. In Genf ist er in der Branche vor allem dafür bekannt, dass er Socar Trading die Türen zum nigerianischen Markt öffnete und es dem aserbaidschanischen Händler ermöglichte, zwischen 2010 und 2015 mehrere Ausschreibungen der staatlichen Ölgesellschaft NNPC zu ergattern. Der dreifache Staatsbürger von Spanien, Nigeria und Kongo war bei Socar Trading in Lagos angestellt und lebte in einem luxuriösen Apartment in der nigerianischen Wirtschaftsmetropole. «Socar gab viel Geld für ihn aus», so ein Kenner des Dossiers, der den Vermittler als effizient bezeichnet, aber auch als «verwöhntes Kind mit monströsen Repräsentationsspesen».

Der Handelskonzern trennt sich schliesslich von «Jimmy», ausschlaggebend für das Ende des Projekts sind jedoch vor allem die finanziellen Forderungen und die Masslosigkeit von Francis Selemani. «Noch bevor wir einen Namen für das Joint Venture gefunden hatten, verlangte Selemani 200’000 US-Dollar für Möbel und die Einrichtung eines Büros», berichtet die gleiche Quelle. Die Firma Alstair wird ihrerseits erst 2013 aufgelöst.

Auf Anfrage von Public Eye gibt Socar Trading zu, «im Februar 2012 an einem allgemeinen Treffen zur Geschäftsentwicklung teilgenommen zu haben», versichert aber, dass «diese Diskussion weder zu konkreten Aktivitäten mit den genannten Unternehmen noch zu irgendwelchen Aktivitäten in der DR Kongo geführt hat, auch nicht zur Lieferung von Erdölprodukten an das Land». Der Händler versichert ausserdem, dass er nicht mit der BGFIBank RDC zusammenarbeitet.

«Jimmy» scheint jedenfalls bis zum Schluss von der BGFIBank RDC verhätschelt worden zu sein. In einem internen Schriftverkehr vom 7. März 2016, den wir einsehen konnten, beauftragt Francis Selemani eine seiner Angestellten direkt damit, ihm ein Zimmer «zum BGFI-Tarif» zu buchen. Dass ein Bankdirektor seine privaten Geschäfte mit einem so dubiosen Mittelsmann verfolgt und dafür die Mittel seines Instituts einsetzt, ist zumindest ungewöhnlich.

Globale Gerechtigkeit beginnt bei uns Unsere Arbeit unterstützen