Die Mubarak-Gelder

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Dreissig Jahre lang war der frühere ägyptische Präsident Hosni Mubarak an der Macht. Ihm und seinem persönlichen Umfeld wird vorgeworfen, mittels eines riesigen Korruptionsapparates öffentliche Gelder im Wert von mehreren Millionen Franken unterschlagen zu haben. Über 700 Millionen Franken des Mubarak-Clans wurden auf Schweizer Bankkonten eingefroren. Obwohl in Ägypten und der Schweiz Strafverfahren eingeleitet worden sind, erweist sich die Beschlagnahmung aber als schwierig: ein Viertel der eingefrorenen Vermögen wurde bereits im Dezember 2016 wieder freigegeben und die Rechtshilfeverfahren mit Ägypten wurden im August 2017 ergebnislos eingestellt. Der Fall verdeutlicht, dass Rechtshilfe als Instrument für die Rückerstattung öffentlicher Gelder nicht ausreicht.

Rückblende zum arabischen Frühling: Der Korruption und des autokratischen Regimes überdrüssig, demonstrierten im Februar 2011 zehntausende Ägypterinnen und Ägypter auf dem Tahir-Platz und zwangen Mubarak zum Rücktritt. Am 11. Februar, nur wenige Stunden nach dem Sturz des Regimes, veröffentlichte der Bundesrat eine Verordnung zur Sperrung der Gelder des ehemaligen Diktators. Im Mai eröffnete die Bundesanwaltschaft mehrere Verfahren wegen Geldwäscherei gegen den Mubarak-Clan, namentlich gegen die Söhne des ehemaligen Präsidenten, Alaa und Gamal. Diese Verfahren wurden später auf Beteiligung an einer kriminellen Organisation erweitert. Im September 2012 beliefen sich die eingefrorenen ägyptischen Gelder auf 700 Millionen Franken und mehr als dreissig Personen waren von dieser Sperrung durch den Bundesrat betroffen.

Um die eingefrorenen Gelder beschlagnahmen zu können, wurden entsprechend international gängiger Praxis Rechtshilfeverfahren eingeleitet. In diesem Fall müssen beide Staaten – derjenige, aus dem die Gelder stammen und der, in dem sie sich befinden – Strafverfahren einleiten, auf dem Rechtsweg kooperieren und vor Gericht beweisen können, dass die Gelder unlauteren Ursprungs sind. Zwischen 2011 und 2016 gab es zwischen der Schweiz und Ägypten über 70 solcher Rechtshilfegesuche.

Die internationale Rechtshilfe in der Sackgasse

Der Fall Ägypten verdeutlicht die Probleme mit internationalen Rechtshilfeverfahren im Strafrecht. Mehrere Gesuche Ägyptens wurden von der Schweiz abgelehnt, weil sie den formalen Kriterien nicht entsprachen. Auf der anderen Seite beschwerten sich die Schweizer Behörden ob unbefriedigender Antworten aus Ägypten auf ihre Gesuche. Es erwies sich schliesslich als unmöglich auf diesem Weg zu beweisen, dass die in der Schweiz blockierten Vermögenswerte illegal erworben wurden, damit sie hätten beschlagnahmt werden können.

Die Schweiz gibt einen Viertel der eingefrorenen ägyptischen Gelder frei

Hinzu kommt, dass die ägyptische Regierung 2016 auf Grundlage aussergerichtlicher Einigungen mehrere Personen freisprach, deren Gelder in der Schweiz blockiert waren. Darunter auch Hussein Salem, ein Vertrauter des gestürzten Diktators. Dies führte zur teilweisen Aufhebung der seit 2011 bestehenden Sperre: 180 von rund 700 Millionen Franken wurden freigegeben.

Die spärliche Kommunikation der Schweizer Strafverfolgungsbehörden darüber stand in starkem Kontrast zur Bedeutung der Nachricht. In einem im Oktober 2017 veröffentlichten Report brachte Public Eye Klarheit in die Geschichte rund um die Freigabe der ägyptischen Gelder im Dezember 2016. Der Bericht zeigt die Probleme mit Rechtshilfegesuchen auf und verdeutlicht die Notwendigkeit alternativer Massnahmen, um nachweislich illegal erworbene Vermögen beschlagnahmen zu können, wenn der Weg über die internationale Rechtshilfe in eine Sackgasse führt.

Die Grenzen des Gesetzes über die Rückerstattung illegaler Vermögenswerte

Seit Mitte der 2000er Jahre betont Public Eye die Notwendigkeit alternativer Instrumente, um unrechtmässig erworbene Gelder zu sperren und zurückzuerstatten, wenn sich ein Rechtshilfeverfahren als unfruchtbar erweist oder aufgrund der Umstände nicht umsetzbar ist. Solche Fälle sind zahlreich, wie wir in einer Stellungnahme von 2013 (F) darlegten.

Das Parlament gab uns Recht und verabschiedete ein neues Gesetz, das 2016 in Kraft trat: Das „Bundesgesetz über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen“ (SRVG). Es ermöglicht das Einziehen unrechtmässig erworbener Gelder, wenn der Rechtshilfeweg nicht funktioniert, ist allerdings äusserst restriktiv. Beispielsweise greift das Gesetz nicht in Fällen, in denen der Diktator nach wie vor an der Macht ist. Ausserdem beruht es darauf, dass das Herkunftsland der Gelder ein Rechtshilfegesuch einreicht. So schlossen die Behörden 2017 beispielsweise aus, das Gesetz auf die Sperrung der Ägypten-Gelder anzuwenden, was beweist, dass sein Anwendungsbereich dringend ausgeweitet werden muss.

Am Ende gewinnen die Schweizer Banken

Die ernüchternden Ergebnisse der Verfahren über die Mubarak-Gelder in der Schweiz kommen insbesondere den Schweizer Banken zugute. Da es keine Urteile gibt, die einen illegalen Ursprung der Vermögenswerte auf ihren Banken belegen, können sie nicht wegen Geldwäscherei angeklagt werden.

Anhand der Verfahren, die gleich nach Beginn des Arabischen Frühlings gegen einige Finanzintermediäre eingeleitet worden waren, hätte die FINMA – Eidgenössische Finanzmarktaufsicht und zuständig für die Einhaltung des Geldwäschereigesetzes - Ungereimtheiten untersuchen müssen. Die FINMA hat jedoch weder aktiv zu diesem Thema kommuniziert, noch die Namen der von möglichen Sanktionen betroffenen Banken veröffentlicht. Letztendlich wurde es versäumt, klar aufzuzeigen, dass die Annahme von unrechtmässig erworbenen Geldern Sanktionen nach sich zieht. Die Geschichte droht sich folglich unendlich zu wiederholen.

Public Eye setzt sich für eine strikte Umsetzung der im Geldwäschereigesetz vorgesehenen Massnahmen ein, sowie für eine Stärkung des rechtlichen Rahmens, um den Fluss illegaler Gelder auf Schweizer Banken zu verhindern. Finanzintermediäre, die ihren Sorgfaltspflichten nicht nachkommen, müssen sanktioniert und die Gelder an die bestohlene Bevölkerung zurückgegeben werden.

Die Verfahren zur Rückerstattung von Potentatengeldern müssen auf nachhaltige Art und Weise geführt werden, d.h. die rückerstatteten Vermögen der Bevölkerung des Herkunftslands zugutekommen. Die Verwendung der Gelder muss von den Schweizer Behörden oder einer gleichwertigen Stelle (z.B. der Weltbank) überwacht werden.