H&M: Ab wann endlich Existenzlöhne?

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Hallo H&M

Vielen Dank für eure ergänzende Antwort auf unsere Fragen.

Wir teilen die Einschätzung, dass gemeinsame Initiativen mit Gewerkschaften zur Erreichung von branchenweiten Fortschritten bei Löhnen sinnvoll sind. Durch Branchentarifverträge können die Löhne steigen. Ob jedoch alleine dadurch die Kluft zwischen den Mindestlöhnen und existenzsichernden Löhnen zeitnah geschlossen werden kann, ist fraglich.

ACT existiert seit drei Jahren, hat aber bis heute zu keinem einzigen Tarifvertrag geführt. Ihr schreibt, es ginge nicht um den Abschluss «irgendeines Tarifvertrages», sondern um konkrete Lohnanstiege «oberhalb der Inflationsrate und der Produktivitätsentwicklung». Kleinere Lohnanstiege von 20 oder 30 Prozent reichen aber nicht. Die Löhne müssten sich verdoppeln, in einigen Ländern sogar verdrei- oder verfünffachen, damit sie zum Leben reichen. Das ist weit von eurer Zielsetzung entfernt.

H&M hat bereits alleine grosse wirtschaftliche Einkaufsmacht – zusammen mit den ACT Mitgliedsfirmen ist diese Macht enorm. Statt jedoch die eigene Verantwortung als Ausgangspunkt zu nehmen und diese sofort in konkrete Massnahmen zur Lohnerhöhung in den eigenen Lieferketten umzusetzen, zeigt auch ihr in eurer Antwort mit dem Finger auf andere Firmen, die noch weniger tun. Alle Firmen stehen in der Verantwortung, das stimmt; aber nur weil andere noch weniger machen wird eure Verantwortung nicht kleiner.

Das Dokument zur Verbesserung der Einkaufspraktiken von ACT, auf welches ihr in eurer Antwort verlinkt habt, enthält zum Teil Grundsätze wie die fristgerechte Bezahlung oder Preisanpassungen bei veränderten Mindestlöhnen, die eigentlich ohnehin selbstverständlich sein sollten. Was wirklich einen Unterschied machen würde, wäre, wenn H&M und die anderen ACT-Mitgliedsfirmen ab sofort Einkaufspreise zahlen würden, bei denen Lohnkostenanteile auf Existenzlohnniveau eingepreist sind.

Deswegen fragen wir uns, was H&M konkret macht, um einen Lohn zum Leben einzuführen? Bisher hat H&M keinen Zeitplan und keine Zielvorgaben offen gelegt. Wir erwarten einen transparenten Aktionsplan dazu, wie und bis wann H&M mit seinen Zulieferern die Löhne anheben möchte sowie Zielvorgaben, bis wann damit in welchem Produktionsland ein Lohn zum Leben erreicht wird. 

Freundliche Grüsse
Public Eye

Weitere Informationen

  • Zweite Antwort von H&M (27.9.2019) und unsere Nachfrage

    H&M hat bereits am 18.9.2019 auf die Kundendienst-Anfrage geantwortet. Dabei hat H&M auf unsere Anfragen in Deutsch und Französisch unterschiedliche Antworten gegeben. Hier finden Sie die französische Antwort und unsere entsprechende Replik

    Am 27.9. erhielten wir eine zweite Antwort, bei der wir am 30.9. erneut nachhakten. 

    Unsere Nachfrage vom 30.9.2019

    Hallo H&M

    Vielen Dank für eure zweite Antwort. Es ist gut, dass ihr in puncto Transparenz Massnahmen ergriffen habt und eure Produktionsstandorte veröffentlicht. Auch die Veröffentlichung von durchschnittlichen Lohndaten aus wichtigen Produktionsländern ist ein wichtiger Schritt, der dazu beiträgt, die Debatte zu Existenzlöhnen konkreter zu machen. Wir stellen aber fest: ihr nennt weder einen Zeitrahmen für die Umsetzung eurer Massnahmen für „faire Existenzlöhne“, noch, welche konkreten Lohnziele ihr mit „fairen Existenzlöhnen“ anstrebt. Ausserdem besteht nach wie vor eine immense Lohnlücke:

    Vor sechs Jahren habt ihr verkündet, dass eure wichtigsten Lieferanten bis 2018 bessere Lohnsysteme haben sollen, damit 850‘000 Arbeiterinnen und Arbeiter faire Existenzlöhne erhalten. Das Ziel habt ihr nicht erreicht: Eure öffentlichen Lohndaten zeigen sehr deutlich, wie stark die Löhne in eurer Produktion noch steigen müssten. Obgleich die Löhne z.B. in Kambodscha in den letzten Jahren gestiegen sind, erhalten Näherinnen von H&M-Produkten immer noch weniger als die Hälfte eines Existenzlohns, in Bangladesch gar nur 21% (nach Asia Floor Wage).  

    Trotz einigen Fortschritten in den letzten Jahren ist die Lücke zwischen den gezahlten Löhnen und Existenzlöhnen nach wie vor erschreckend gross. Und insgesamt ist die Entwicklung so quälend langsam, dass es in diesem Tempo noch mehrere Generationen dauern würde, bis alle H&M-Arbeiterinnen von ihren Löhnen leben können. Eine Strategie ohne Zeitplan ist unzureichend: Bis wann und in welchen Teilschritten sollen die Löhne steigen? Wie stellt ihr sicher, dass das Ziel existenzsichernder Löhne in absehbarer Zeit erreicht wird und kein leeres Versprechen bleibt?

    ACT gibt es mittlerweile seit drei Jahren. Wann rechnet ihr damit, dass durch ACT Tarifabkommen deutlich über Mindestlöhnen zustande kommen, und was passiert in Ländern wie Indien, Indonesien oder Bulgarien, wo ACT bisher noch gar nicht aktiv ist?

    Wir finden, dass ihr als einer der Branchenleader eure Massnahmen deutlich verstärken müsstet, um eurer Verantwortung nachzukommen – nämlich das Menschenrecht auf einen Existenzlohn einzuhalten.

    Mit freundlichen Grüssen
    existenzlohn@publiceye.ch 

  • Erste Antwort von H&M (18.9.2019) und unsere Nachfrage

    H&M hat bereits am 18.9.2019 auf die Kundendienst-Anfrage geantwortet. Dabei hat H&M auf unsere Anfragen in Deutsch und Französisch unterschiedliche Antworten gegeben. Hier finden Sie die französische Antwort und unsere entsprechende Replik

    Unsere Nachfrage vom 19.9.2019

    Lieber H&M Kundenservice,
    schön, dass ihr so schnell antwortet. Noch schöner wäre allerdings eine konkrete Antwort auf unsere konkreten Fragen, z.B. «Wann erhalten alle Arbeiterinnen und Arbeiter, die Ihre Kleider produzieren einen solchen Existenzlohn?». Dazu haben wir in eurer Antwort und auf eurer Webseite nichts gefunden. Wir freuen uns auf euer Feedback!

    H&Ms zweite Antwort vom 27.9. finden Sie oben

  • Was wir von H&M schon wissen

    H&M veröffentlicht nicht nur Angaben zu seinen Zulieferern, sondern auch durchschnittliche Lohnniveaus für wichtige Produktionsländer. Die Lohndaten sind nicht detailliert, dennoch ist H&M bei der Lohntransparenz weiter als die meisten anderen Unternehmen. Unsere Recherchen bei H&M-Zulieferfabriken und unsere Analyse der Lohndaten von H&M zeigen jedoch auch, wie weit das Unternehmen in seiner Lieferkette noch von Existenzlöhnen entfernt ist: In wichtigen Produktionsländern wie Indien, der Türkei und Bangladesch müssten die Löhne erheblich steigen, um den Arbeitnehmenden und ihren Familien ein Leben in Würde zu sichern.
    H&M engagiert sich in der Initiative ACT, mit der nationale Branchentarifverträge erreicht werden sollen, doch bisher hat ACT noch noch keine konkreten Lohnerhöhungen vorzuweisen.
    2013 hatte H&M angekündigt, dass alle strategischen Zulieferer bis 2018 Lohnsysteme installiert haben sollen, um 850‘000 Beschäftigten Existenzlöhne zu zahlen, doch dieses Ziel wurde verfehlt. Ein neues Datum oder einen neuen Zeitplan, bis wann alle Arbeiterinnen und Arbeiter Existenzlöhne erhalten sollen, vermissen wir bei H&M. 

    Siehe auch: H&M: Existenzlohn statt Dividende!

    Firmenprofil von H&M im Firmencheck 2019

  • Was wir von H&M wissen wollen: Anfrage an den Kundendienst

    Viele Menschen wollen endlich konkrete Schritte gegen Ausbeutung sehen und verschicken daher unter dem Motto "Ausbeutung passt uns nicht" Anfragen an die Kundendienste von acht grossen Modefirmen, darunter H&M.

    Der Text der Anfrage: 

    ************************************************

    Betreff: Ausbeutung passt mir nicht!

    Lieber Kundendienst

    Mir ist es wichtig, dass die Menschen, die meine Kleider herstellen, einen Lohn erhalten, der zum Leben reicht. Meine Fragen an Sie:

    • Wann erhalten alle Arbeiterinnen und Arbeiter, die ihre Kleider produzieren einen solchen Existenzlohn?
    • Welche Schritte unternehmen Sie ganz konkret, damit dieses Ziel erreicht wird?
    • Sind Sie bereit Transparenz zu schaffen und Auskunft zu geben, in welchen Fabriken und zu welchen Löhnen Ihre Kleider heute produziert werden?

    Freundliche Grüsse und herzlichen Dank für Ihre Antwort

Ja zu Mode, nein zu Hungerlöhnen Ausbeutung passt uns nicht!