Interview mit Greenpeace

Mode-Onlinehandel und Nachhaltigkeit: Sechs Fragen an Greenpeace, beantwortet von Florian Kasser, Experte Konsum und Kreislaufwirtschaft von Greenpeace Schweiz.

Warum beschäftigen Sie sich in Ihrer Arbeit mit Onlinehandel?

Onlinehandel ist seit einigen Jahren ein fester Bestandteil unserer Konsumgewohnheiten. Er ist aber auch ein starker Motor des Überkonsums und der damit verbundenen Umweltzerstörung. Wenn alle Menschen einen Lebensstil wie die Schweizer Bevölkerung hätten, bräuchte es drei Planeten, um die notwendigen natürlichen Ressourcen bereitzustellen und den Abfall zu absorbieren. Greenpeace strebt da eine Transformation an.

Ist das Risiko der Ressourcenverschwendung beim Onlinehandel besonders hoch? Was bereitet Ihnen am meisten Sorgen?

Obwohl das Konsumniveau jetzt schon zu hoch ist, senkt der Onlinehandel die Hürden für den Konsum nochmals deutlich. Jede und jeder kann auf ein riesiges, weltweites Angebot zugreifen, ohne vom Sofa aufstehen zu müssen. Dies schafft neue, vermeintliche Bedürfnisse, obwohl die Menschen bereits unter einem Überfluss an materiellen Gütern leiden. Es wird also mehr gekauft, aber völlig sinnlos! Die Nutzungsdauer von Konsumgütern sinkt, der Abfall steigt. Das beschleunigt die Verschwendung von Ressourcen.

Kann E-Commerce auch eine positive Umweltwirkung haben? Gibt es auch positive Trends?

Ich sehe nur wenige. Onlinehandel könnte zu einem leichten Rückgang der individuellen Autofahrten zum Einkaufen führen. Ich denke aber, dass dieser Nutzen schnell wettgemacht wird, weil insgesamt mehr konsumiert wird: Online-Angebote haben die sogenannten stationären Geschäfte nicht ersetzt, ganz im Gegenteil. Letztendlich wurde der Kuchen des Konsums vergrössert und mit ihm sein ökologischer Fussabdruck.

Was wären für Sie Anzeichen dafür, das ein Onlinehändler verantwortungsvoller mit Ressourcen umgeht?

Eine Strategie, die den Konsum entschleunigt: ein begrenztes Angebot; Qualitätsprodukte, deren Lebensdauer maximiert wird; Reparatur- und Wiederverwendungsdienste. Zudem weniger Marketing und Werbung.

Widerspricht das nicht den Grundsätzen unserer Konsumgesellschaft?

Ja, zweifellos: Es braucht einen Paradigmenwechsel, wenn wir unseren Planeten erhalten wollen.

Wenn Sie ein Gesetz zur Regulierung des Online-Modehandels auf den Weg bringen könnten, was würde es regeln?

Ich würde damit beginnen, die sozialen und ökologischen Kosten vollständig einzupreisen, und zwar von der Produktion bis zur Entsorgung der Produkte. Die Vernichtung unverkaufter Ware sollte verboten werden. Dann würde ich Standards für die Lebensdauer und die Reparierbarkeit von Kleidung und schliesslich einen sehr strengen Rahmen für das Marketing und die Werbung festlegen.

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