Russische Oligarchen und die Schweiz Oligarchen.ch

Public Eye hat die Beziehungen unter die Lupe genommen, die rund 30 extrem vermögende Geschäftsleute, welche das Regime von Wladimir Putin unterstützen, zur Schweiz unterhalten. Ob nun Oligarchen aus der Zeit von Boris Jelzin oder ehemalige Kameraden und enge Vertraute Putins, die zu Milliardären geworden sind: Sie alle verfügen zwischen Genf und Zug über Firmen, Bankkonten oder Immobilien. Ein weiterer Beweis für die zentrale Rolle, die der «Schweizer Rückzugsposten» seit drei Jahrzehnten spielt.
  1. Was wir wie untersucht haben Die Recherche
  2. 32 Oligarchen in der Schweiz Die Galerie der Oligarchen

Schlechte Zeiten für die Oligarchen! Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine weiss die fast ausschliesslich männliche Riege der russischen Grossverdiener nicht mehr, wem sie vertrauen soll, und versucht mit allerlei Winkelzügen, ihr Vermögen zu retten. Hier durch den Verkauf von Anteilen an einem Konzern, ohne dass man weiss, wer der neue Eigentümer ist, dort durch die Übertragung des Kapitals an Verwandte oder an das Management. Doch während die Gräueltaten der russischen Armee gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine weitergehen, wird die Liste der Sanktionen immer länger, und in einigen Fällen richten sie sich sogar gegen die Frauen und Kinder der Oligarchen, die früher gegen solche Angriffe gefeit schienen.

Die Zeiten sind ernst: Sogar die Schweiz macht bei den Sanktionen mit, obwohl sie bislang die Tore ihrer Banken weit geöffnet, ihre Neutralität als Sicherheit angeboten und den russischen Milliardären eine Armada von Expert*innen zur Verfügung gestellt hatte, um deren Wünsche zu erfüllen. Zugegeben, die Bemühungen bleiben zögerlich. Bisher wurden in der Schweiz russische Vermögenswerte im Wert von lediglich 6,3 Milliarden Franken beschlagnahmt darunter einige Luxusimmobilien. Das ist nicht viel im Vergleich zu den Schätzungen der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), die von 150 bis 200 Milliarden Franken (214 Milliarden US-Dollar) spricht, die allein in Schweizer Banken deponiert seien. Verwirrung herrschte auch darüber, ob die Kantone oder das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco die Initiative zur Sperrung von Vermögenswerten ergreifen sollten. Letzteres hat zunächst einmal ein Merkblatt herausgegeben. In Europa und den USA wurden Taskforces und Initiativen ins Leben gerufen, um das Vermögen von Oligarchen aufzuspüren, in der Hoffnung, Putins Kriegsmaschinerie auszuhungern und eine Opposition in der russischen Elite zu wecken. Doch die Schweiz zögert: Anfang April fand laut EDA ein erster Kontakt mit der Task Force der EU und der G7 statt, seither herrscht Schweigen.

Die Jagd dürfte lang und schwierig werden. Oligarchen verfügen über enorme Mittel und sind Meister darin, ihr Vermögen zu verbergen, sei es, um den Schaden bei einer kostspieligen Scheidung zu begrenzen oder um der Justiz und den Sanktionen zu entgehen. Dabei können sie auf die wertvolle Hilfe von Anwält*innen, Treuhänder*innen und Banken zählen, die Trusts und Offshore-Firmenkonstruktionen zur Verfügung stellen, die weitaus komplexer sind als russische Matrjoschkas. Die Schweiz bietet die besten «Vermittler*innen» der Korruption, die Kompetenz und Diskretion miteinander verbinden.

Die Recherche

Trotz dieser Undurchsichtigkeit hat Public Eye beschlossen, die Verbindungen von rund 30 Oligarchen zur Schweiz unter die Lupe zu nehmen. Diese Personen wurden nach verschiedenen Kriterien ausgewählt: ihre Nähe zum Regime oder ihre langjährige Freundschaft mit Wladimir Putin; ihr wirtschaftliches Gewicht, auch in für den russischen Staat strategischen Sektoren wie der Rohstoffbranche; ihre Fähigkeit, öffentliche Aufträge an sich zu ziehen, sowie ihr Beitrag zu Grossprojekten, die vom Kreml gewünscht werden. Unter diesen hochrangigen Persönlichkeiten gibt es einige, die bislang noch nicht von den Sanktionen ereilt wurden, wie der Stahlbaron Wladimir Lissin. Unsere Liste enthält auch einige «Aussenseiter», wie den Kriegstreiber Kyrill I., Patriarch von Moskau und der ganzen Rus, dessen verborgenes Vermögen Gegenstand mehrerer unabhängiger journalistischer Untersuchungen war, sowie enge Vertraute von Wladimir Putin, die eine eher unauffällige Rolle spielen.

Als begeisterte oder stillschweigende Sponsoren der militaristischen und imperialistischen Politik des Kremls haben sie alle Putins Kriegsmaschinerie angeheizt. Und sie alle haben das liebliche Helvetien zu einem ihrer bevorzugten Rückzugsorte gemacht. Entscheidendes Kriterium für ihre Aufnahme in diese Recherche ist daher der Fussabdruck, den sie in der Schweiz hinterlassen.

Typologie der Oligarchen

Unsere Recherche ermöglicht es auch, eine Typologie der Art und Weise zu erstellen, wie diese Personen zu Reichtum gekommen sind (siehe «Russische Vermögen: Gebrauchsanweisung»). Ihre jeweiligen Laufbahnen sind mit dubiosen Episoden, Strafverfahren und in einigen Fällen mit blutigen Abrechnungen gespickt. Ob Öl, Aluminium oder Düngemittel – die meisten von ihnen nutzten den Zusammenbruch der Sowjetunion, um zu niedrigen Preisen Anteile an staatlichen Unternehmen zu erwerben. Dies zum Nachteil der russischen Bevölkerung, die damals unter grossen Entbehrungen zu leiden hatte. Die Hintergründe sind unterschiedlich, aber alle hatten zu Beginn ihrer Karriere einen starken Rückhalt: eine Verbindung zum Gouverneur einer Region oder zum Direktor einer Fabrik; die Unterstützung eines Ministers, eine geheime Partnerschaft mit einem hohen Beamten; Absprachen mit der Mafia etc. Die ungehemmten Privatisierungen und das wirtschaftliche Chaos ermöglichten es ihnen, Konkurrenten auszuschalten und sich die Voucher (Privatisierungsgutscheine) unter den Nagel zu reissen, die an die Beschäftigten verteilt worden waren.

Als dann im Jahr 2000 Wladimir Putin an die Macht kam, folgte eine zweite Welle von Oligarchen. Die Karten wurden im Öl- und Gassektor neu gemischt und auch im Baugewerbe, in der Lebensmittelindustrie und in der Telekommunikationsbranche wurden Vermögen gemacht. Die meisten von ihnen sind Männer, die durch die Schule des KGB gegangen sind oder einfach das Glück hatten, zu den alten St. Petersburger Kameraden des russischen Präsidenten zu gehören, der weiss, wie man Männerfreundschaften pflegt.

Seit drei Jahrzehnten bietet die Schweiz einen idealen und kaum regulierten Rahmen für russische Vermögen.

Insbesondere Genf, Zug und Lugano sind wichtige Drehkreuze für Rohstoffhandelsunternehmen. Ein Bankkonto eröffnen; eine Handelsfirma registrieren, die Offshore-Firmen oder Strohmännern gehört, um nicht enttarnt zu werden; sich hinter einem Trust oder einer Stiftung verstecken, um den tatsächlichen wirtschaftlichen Berechtigten zu verschleiern; eine luxuriöse Immobilie über einen Verwandten erwerben: All das ist hierzulande fast ein Kinderspiel. Auf die Schweiz zu setzen, bedeutete bislang zudem das Versprechen, weniger Steuern zu zahlen und die von seinem Konzern erzielten Gewinne legal und unauffällig aus Russland abziehen zu können.

Die Daten, die wir zusammengestellt haben, stammen sowohl aus Open-Source-Quellen (siehe Liste unten) als auch aus vertraulichen Informationen und Quellen. Wir haben alle Unternehmen, Handelshäuser, gemeinnützigen Stiftungen und Organisationen zwischen Genf und Zug aufgelistet, die sich im Orbit der Putin nahestehenden Milliardäre befinden. Aber auch den Immobilienbesitz, über den sie verfügen.

Hinsichtlich der Höhe ihres Vermögens haben wir uns dafür entschieden, die Schätzungen anzugeben, die das Forbes-Magazin im Jahr 2021 veröffentlicht hat. Diese Zahlen werden derzeit für die prominentesten russischen Milliardäre nach unten korrigiert: durch die Sanktionen in die Enge getrieben, haben sie einen Teil ihres Imperiums verkauft oder an Dritte weitergegeben. Aufgrund der Undurchsichtigkeit, die ihre Geschäfte umgibt, ist diese Kartierung bei weitem nicht vollständig. Sie gibt jedoch ein Bild der Situation zum Zeitpunkt T, d.h. gut zwei Monate nach Beginn des Krieges in der Ukraine. Public Eye bemüht sich, weitere Protagonisten hinzuzufügen und diese Galerie so regelmässig wie möglich zu aktualisieren.

Weitere Informationen

Russische Vermögen: Gebrauchsanweisung

Nirgends sind die Vermögen so ungerecht verteilt wie in Russland: 1% der Bevölkerung kontrolliert 58,2% des nationalen Reichtums. Die kolossalen Vermögen der Oligarchen wurden im wechselnden Rhythmus von Privatisierungen und Machtwechseln aufgebaut.

Nach der Privatisierung von kleinen Geschäften und Dienstleistungen leitete die Regierung von Präsident Boris Jelzin 1992 die zweite Privatisierungswelle ein, indem sie «Vouchers» (Coupons) an die Bevölkerung verteilte. Damit sollte jedermann die Möglichkeit gegeben werden, Aktien von privatisierten Unternehmen zu erwerben. Überall im Land witterten ambitionierte junge Leute, die sich bereits in das Abenteuer der «Genossenschaften» (die erste Form des Privateigentums zu Zeiten der UdSSR) gestürzt hatten, ein gutes Geschäft. Mit Hilfe von Fabrikdirektoren, örtlichen Beamten oder der Mafia gelang es ihnen, diese Gutscheine aufzukaufen, wodurch sie schnell zu beträchtlichen Vermögen gelangten.

Der nächste Schritt erfolgt Mitte der 1990er Jahre, als der bereits kranke und unbeliebte Boris Jelzin seine Wiederwahl sichern will. Der russische Staat, der kurz vor dem Bankrott steht, führt das höchst umstrittene Programm «Kredite gegen Aktien» ein. Um an Bargeld zu kommen, verpfändet die Regierung Beteiligungen an den lukrativsten russischen Unternehmen. Als Kreditgeber fungiert eine kleine, exklusive Gruppe namens «Semibankirchtschina» – sieben reiche junge Banker mit guten Verbindungen zum Kreml. Der Staat wird diese Kredite nie zurückzahlen, und die bereits damals als «Oligarchen» bezeichneten Personen erobern zu niedrigen Preisen grosse Teile der russischen Wirtschaft, wie die Öl-, Metall- und Mineralienbranche.

Mit dem Amtsantritt von Wladimir Putin werden die Karten neu gemischt. Der ehemalige KGB-Mann fordert von den Oligarchen, sich aus der Politik herauszuhalten, bestimmte Grossprojekte des Kremls zu finanzieren und sich der «Vertikale der Macht» zu unterwerfen. Die Jelzin-Oligarchen, von denen einige verhaftet werden oder ins Exil gehen müssen, werden nach und nach von Geschäftsleuten verdrängt, die aus dem Geheimdienst kommen oder ehemalige Kameraden des russischen Präsidenten sind. Es dauert nur wenige Jahre, bis sie zu Milliardären werden, die ihr Imperium mit staatlichen Aufträgen aufblühen lassen.

Galerie der Oligarchen

Public Eye portraitiert 32 russische Oligarchen und zeigt ihre Verbindungen in die Schweiz auf. Sie alle nutzen die «Standortvorteile» der Schweiz: eine Offshore-Industrie zur Gründung von Briefkastenfirmen, Lücken in der Bekämpfung von Geldwäscherei und Finanzkriminalität und ein unregulierter Rohstoffhandelsplatz.

Weitere Informationen

  • Alexander Abramow

    © Wikimedia

    7,07 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). In Australien unter Sanktionen.

    Alexander Abramow, geboren 1959 in Krasnodar im Süden Russlands, gründete (zusammen mit seinem Partner Alexander Frolow) ein Unternehmen, aus der später Evraz wurde, ein Bergbaukonzern mit Interessen hauptsächlich in Stahl, Kohle und Vanadium. Vom Handel mit Metallen zu Vorzugspreisen bis zum Kauf von Minen in enger Zusammenarbeit mit den regionalen Gouverneuren ist die Entstehung von Evraz ein Sinnbild dafür, wie gut vernetzte Männer, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, nach dem Fall der UdSSR reich werden konnten. Heute ist der Milliardär Vorsitzender des Verwaltungsrats des Konzerns und hält 19,3% der Anteile an Evraz, Oligarchenkollege Roman Abramowitsch hält 28,6% am Konzern.

    2019 ist Abramow in einen Skandal auf Zypern verwickelt: Laut Enthüllungen des Journalisten-Netzwerks Organized Crime and Corruption Reporting Project OCCRP war er der wirtschaftliche Eigentümer von zwei Briefkastenfirmen, die stark in die «Troika Laundromat»-Affäre verwickelt waren – ein internationales Geldwäschereinetzwerk, das es der russischen Elite ermöglichte, Vermögen zu verstecken und Steuern zu hinterziehen. Die beiden Firmen von Abramow hatten aus unbekannten Gründen mehr als 300 Millionen US-Dollar in dieses Netzwerk gepumpt. Die zypriotische Anwaltskanzlei, welche die beiden Firmen gegründet hatte und verwaltete, gehörte seit 2013 dem Präsidenten der Republik Zypern, Nikos Anastasiades, und seinen Töchtern. Pikantes Detail: Abramow hatte durch diesen Kontakt über das Programm für «goldene Pässe» die zypriotische Staatsbürgerschaft erhalten. Im Dezember 2021 beschlossen die zypriotischen Behörden, das Programm abzuschaffen, da die Hälfte der ausgestellten Pässe angeblich illegal erworben worden war.

    Verbindungen zur Schweiz

    • East Metals AG, der Handelsarm von Evraz, hat seinen Sitz in Zug. Nach Informationen von Public Eye verschiebt die East Metals AG grosse Mengen an Rohstoffen für den Konzern, insbesondere Palladium.
    • Öffentliche Informationen deuten auf eine Nähe des Oligarchen zur Credit Suisse hin: 2007 wird eine Führungskraft von Credit Suisse zum exklusiven Finanzberater von Alexander Abramow. Im Jahr 2009 sponsert die Schweizer Grossbank die Skolkovo Management School in Moskau, zu deren Gründern Abramow gehört. Und 2019 orchestriert Credit Suisse – zusammen mit UBS und Citigroup – den Verkauf eines Minderheitsanteils an Evraz.
    • Abramow ist Mitglied des 2020 in Nyon gegründeten Vereins Good Gear around the World, deren Vorsitzender Wassili Schachnowski ist, ein ehemaliger Aktionär von Michail Chodorkowskis Yukos-Konzern. Schachnowski überlebte den Angriff der russischen Behörden auf Yukos nach dem Amtsantritt von Wladimir Putin (indem er eine Geldstrafe von 1,8 Millionen US-Dollar wegen Steuerhinterziehung zahlte und ins Exil nach Nyon ging, wo er seit Jahren lebt). Das Ziel des Vereins ist es, «die erste Reise um die Welt durch den Nord- und Südpol zu organisieren, ohne die Land- oder Wasseroberfläche zu verlassen». Im März 2022 wurde ein an der Expedition beteiligtes russisches Flugzeug in Kanada gestoppt, weil es gegen die Luftraumbeschränkungen verstiess, die als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine verhängt worden waren.
  • Alexei Mordaschow

    © Sikarin Thanachairary / WEF

    26,97 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der Schweiz, der EU, Grossbritannien, Australien, Japan und der Ukraine. Anwesend beim Treffen der Oligarchen mit Wladimir Putin am 24. Februar im Kreml.  

    Alexei Mordaschow wurde 1965 in Tscherepowez geboren. Er studierte Ingenieurwesen in Sankt Petersburg und baute sein riesiges Vermögen in der Metallindustrie auf. Im Alter von 28 Jahren wurde er Mehrheitsaktionär der Tscherepowezer Metallfabrik, nachdem er den Direktor verdrängt hatte, der ihn mit der Privatisierung dieser Fabrik betraut hatte, in der seine Eltern zu Zeiten der Sowjetunion gearbeitet hatten. Daraus entstand der Severstal-Konzern, eines der Flaggschiffe der russischen Stahlindustrie. Mordaschow hält 77% der Aktien des Konzerns. Vor dem Krieg in der Ukraine lieferte der Riese rund 3 Millionen Tonnen Stahl nach Europa, was einem Drittel seines Umsatzes entsprach, der sich 2021 auf 11,3 Milliarden US-Dollar belief. Diese Exporte wurden nun ausgesetzt. Der Konzern, der auch Werke in den USA besitzt, hat sich in Kohle, Gold, Turbinen, Detailhandel, Reisen, Medien und Telekommunikation diversifiziert. 

    Ein mittlerweile verstorbener Bankier aus Sankt Petersburg, Wladimir Kogan, der geschäftliche Interessen in der Schweiz hatte, machte ihn mit dem künftigen russischen Präsidenten bekannt. 2003 betrat Mordaschow das Allerheiligste: Er wurde Miteigentümer der Bank Rossija, deren Hauptaktionär Juri Kowaltschuk war, ein langjähriger Freund Putins. Fünf Jahre später war der Milliardär an der Gründung der National Media Group (NMG) beteiligt, die Anteile an Fernsehsendern und Zeitungen wie Pervy Kanal und Iswestija hält, die als Propagandamaschinen des Kremls fungieren.   

    Der Oligarch versuchte zwar, sich vom Kreml abzugrenzen, indem er erklärte, der Krieg in der Ukraine sei «eine Tragödie für die beiden Brudervölker» , doch seine Nähe zu Putin ist mehr als erwiesen.  

    Laut Financial Times übertrug Mordaschow am 28. Februar, als die ersten EU-Sanktionen verhängt wurden, seine Beteiligung von 29,9% an dem deutschen Tourismuskonzern Tui – die er über eine zypriotische Firma hält – auf eine Firma auf den Britischen Jungferninseln, die von seiner dritten Ehefrau kontrolliert wird. Ausserdem übertrug er ihr eine Mehrheitsbeteiligung an seinem in London ansässigen Bergbauunternehmen Nordgold – zwei Wochen, bevor Grossbritannien ihn mit Sanktionen belegte. 

    Nach einer langen Kreuzfahrt auf den Seychellen legte seine 142 Meter lange Yacht «Nord» Ende März in Wladiwostok an. «Lady M.», seine andere Superyacht, wurde in Italien festgesetzt. 

     

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Der Severstal-Konzern verfügt über eine Aussenstelle in der Peripherie von Lugano im Tessin: Severstal Export GmbH.  

    • Alexei Mordaschow hat Verbindungen zu dem in Zug ansässigen Bergbaukonzern Solway Investment Group. Im Jahr 2015 gründete sein Investmentfonds Aterra Capital ein Joint Venture mit Solway, um das San Jorge-Vorkommen (Argentinien) zu erschliessen. Der Kreml hatte damals Lobbyarbeit betrieben, um dieses Projekt zu unterstützen. Die Partner sind auch Aktionäre von Kaminex Limited, einem Unternehmen, das in der Demokratischen Republik Kongo nach Kupfer sucht und es abbaut.  

    • Laut Tages-Anzeiger, verwaltete die Treuhandgesellschaft Kendris in Zürich, die seit 2009 Mordaschows Geschäfte betreut, zwei seiner Offshore-Firmen. 

  • Alischer Usmanow

    © Wikimedia

    Geschätztes Vermögen: 17,11 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in den USA, der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Australien, Kanada, Ukraine und Japan. 

    Alischer Usmanow, 1953 in Chust, Usbekistan, geboren und Absolvent der MGIMO, der renommierten Moskauer Hochschule für internationale Beziehungen, hatte einen etwas widrigen Start in seine Karriere. Im Jahr 1980 wurde er zusammen mit zwei anderen Söhnen der usbekischen Nomenklatura verhaftet und wegen Korruption und Diebstahl von Staatseigentum zu acht Jahren Haft verurteilt. Als er 1986 aus dem Gefängnis entlassen wurde, zog er nach Moskau und gründete eine Genossenschaft (die erste Form von Privateigentum zu Zeiten der UdSSR), die Plastiktüten herstellte und Tabak verkaufte. Er ist ein Allroundtalent. Im Jahr 2000 findet man ihn an der Spitze der Gazprom Investholding, dem Investmentfonds des Gasriesen Gazprom. Er sitzt in der ersten Reihe, wenn es darum geht, sich an den interessantesten Deals zu beteiligen, und übernimmt 2005 die Kontrolle über Metalloinvest (einen der grössten russischen Eisen- und Stahlproduzenten). Im Anschluss daran gründet er mit seinen Partnern die USM Holding, die auch auf Kupfer und Zement setzt. Usmanow investiert zudem in die Telefonbranche (Megafon). Schliesslich besitzt er für eine gewisse Zeit 10% von Facebook und kontrolliert zudem die Wirtschaftszeitung Kommersant. Zeitweise besass er 30% der Anteile des Fussballvereins Arsenal in Grossbritannien. 

    2017 veröffentlichte Alexei Nawalnys Antikorruptionsfonds eine brisante Untersuchung über das versteckte Vermögen von Premierminister Dmitri Medwedew und beschuldigte Usmanow, diesen mit einer luxuriösen Villa bestochen zu haben. In einer legendären Replik, sieht man, wie der Oligarch so tut, als würde er dem Oppositionspolitiker ins Gesicht spucken, und ihm rechtliche Schritte androht. Was er auch tat, indem er Navalnys Verurteilung wegen Verleumdung erwirkte.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Alischer Usmanow ist Schweizer Medienberichten zufolge ein wichtiger Kunde von Credit Suisse und Julius Bär. Von 2012 bis 2017 sollen 700 Millionen US-Dollar zwischen seinen Konten bei den beiden Instituten geflossen sein. 

    • Die Ermittlungen unter dem Namen «Suisse Secrets» ergaben, dass seine Schwester, die Gynäkologin und Geburtshelferin Saodat Narziewa, Konten bei Credit Suisse hat, über die ab 2004 mehr als 1,8 Milliarden US-Dollar geflossen sind. Sie steht heute unter Sanktionen der Europäischen Union. 

    • Die Metalloinvest Trading AG, die seit 2008 in Zug registriert ist, zentralisiert die Verträge, die zwischen den verschiedenen Einheiten der Muttergesellschaft geschlossen werden.  

    • Am 1. März 2022, ist Usmanow von seinem Amt als Präsident des Internationalen Fechtverbands (FIE) mit Sitz in Lausanne zurückgetreten, wohin er regelmässig mit seinem Privatjet reiste. Er kündigte an, die Sanktionen gerichtlich anfechten zu wollen.  

    • Laut RTS hatte er eine Zeit lang in Erwägung gezogen, eine Wohnung in der Nähe von Morges zu kaufen. 

  • Andrei Bokarev

    © Bloomberg / Getty Images

    2,32 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). In Grossbritannien, Australien und der Ukraine unter Sanktionen. Bokarev nahm am 24. Februar 2022 am Treffen der Unternehmer im Kreml teil. 

    Der als «König der öffentlichen Aufträge» bezeichnete Andrei Bokarew, der 1966 in Moskau geboren wurde, gehört seit 2014 zum Kreis der kremltreuen Oligarchen aus der zweiten Reihe. Mit seinem historischen Partner Iskander Machmudow herrscht der Milliardär über Transmashholding, das grösste russische Unternehmen für Verkehrstechnik, das am meisten von Verträgen mit der staatlichen russischen Eisenbahn profitiert. Er ist auch Anteilseigner des Kohleunternehmens Kuzbassrazrezugol und des Metallriesen UGMK.  

    Der Aufstieg des Tandems Bokarev-Machmudow in den 1990er Jahren war von Gerüchten über eine Komplizenschaft mit kriminellen Organisationen umgeben. 1995 starb der Anführer der Orechowo-Gang, alias «Sylvester», in Moskau bei der Explosion eines Mercedes, der Bokarev gehörte. Medienberichten zufolge soll Bokarev die Geschäftsinteressen der kriminellen Organisation vertreten haben. Machmudow wiederum wurde im Rahmen von Ermittlungen der spanischen Polizei verdächtigt, enge Verbindungen zum Mafia-Clan Izmailovo zu haben. 

    Die Olympischen Spiele in Sotschi ermöglichten Bokarev eine Annäherung an den Kreml: UGMK baute dort 2013 die Eisarena «Schaiba». Von diesem Zeitpunkt an scheint der Milliardär eine wichtige Rolle bei der Verwaltung der strategischen Vermögenswerte Russlands zu spielen.  

    Ebenfalls 2013 kaufte er eine Minderheitsbeteiligung an Transoil (Öltransportgesellschaft), die Gennadi Timtschenko, Putins enger Freund, besitzt. Als 2014 das Unternehmen Kalaschnikow (staatlicher Waffenhersteller) unter Sanktionen gestellt wird, hält Bokarev für kurze Zeit 49% der, Anteile und ermöglicht dem Konzern so, sich neu zu organisieren. Ultimativer Deal: 2015 verkauft ihm der Genfer Rohstoffhandelskonzern Gunvor (der ebenfalls mit Timtschenko verbunden ist) 74% des Ölterminals Ust-Luga an der Ostsee.  

    Im März 2022 hört Andrei Bokarev wie viele andere Oligarchen auf, der wirtschaftliche Eigentümer seiner Unternehmen zu sein. Die Identität der neuen «Eigentümer» ist jedoch nicht bekannt.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • UGMK (Ural Metal and Mining Company) gehört Bokarev und Machmudow über fünf Offshore-Firmen (zwei mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln; die anderen drei in Zypern, Panama und Liechtenstein). Folkstown Business Inc. ist die in Liechtenstein registrierte Firma. 

    • Die Investmentgesellschaft des Transmashholding-Konzerns, TMH International AG, ist in Zug angesiedelt. 

    • Der Genfer Gunvor-Konzern ist Partner von Andrei Bokarev im Ölterminal Ust-Luga. Seit dem Krieg in der Ukraine sagt Gunvor, dass er seine verbleibende Beteiligung (26 %) neu bewerten will. 

    • Im Mai 2016 sandte der russische Umweltaktivist Konstantin Rubakhin, der gegen eines der umweltschädigenden Projekte des Giganten UGMK in der Region Woronesch kämpfte, eine Meldung an die Bundesanwaltschaft, um den kriminellen Ursprung des Vermögens des Tandems Machmudow-Bokarev aufzudecken. Public Eye ist im Besitz einer Kopie des Schreibens, der damals an Michael Lauber gerichtet war und nie beantwortet wurde. 

    • Der Aktivist beschrieb, wie UGMK ihre Gewinne ausserhalb Russlands auf Konten von Handelsfirmen in der Schweiz – unter anderem Alpin Group AG in Thun, Umcor AG in Zürich und GGP Metall AG in Biel – anhäufte und diese Gelder dann zum Aufkauf von Vermögenswerten in Europa verwendete.  

    • Laut einem vom Aktivisten Rubakhin vorgelegten offiziellen Dokument verfügte der Riese Transmashholding in den Händen des Tandems Machmudow-Bokarev damals über Bankkonten bei der Credit Suisse in Zürich. 

    • Im Jahr 1998 wurde im Kanton Appenzell eine Handelsgesellschaft des russischen Kohleunternehmens Kuzbassrazrezugol registriert: Krutrade AG. Ihr Geschäftsführer war Andrei Bokarev. Das Unternehmen befindet sich seit 2005 in Liquidation. 

  • Andrei Guriev Vater und Sohn

    © Wikimedia / Sebastian Reuter / Getty Images

    5,58 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Der Sohn, Andrei Guriev Junior, steht in der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Australien und in der Ukraine unter Sanktionen. 

    Andrei Guriev Senior wurde 1960 im Grossraum Moskau geboren. 1990 begann er seine Karriere als Datenschutzexperte bei Menatep, der Holdinggesellschaft von Michail Chodorkowski, und wurde später deren stellvertretender Direktor. Als die russische Regierung 2005 die Zerschlagung des Imperiums von Chodorkowski (der zwei Jahre zuvor verhaftet worden war) abschloss, übernahm er zu einem günstigen Preis die Kontrolle über Menateps Tochterunternehmen PhosAgro – heute der grösste Phosphatproduzent der Welt.  

    Parallel dazu bemühte sich Guriev, seinen politischen Einfluss in der Region Murmansk auszubauen, in der sich die Aktivitäten seines Unternehmens konzentrierten. Von 2001 bis 2013 wurde er zum Mitglied des Föderationsrates (Oberhaus des Parlaments) für diese Region im Nordwesten des Landes gewählt. Medienberichten zufolge trat Senator Guriev während seiner gesamten Amtszeit nie öffentlich im Föderationsrat auf, da für ihn wohl eher seine parlamentarische Immunität als die öffentliche Aufgabe im Föderationsrat zählte. 

    2013 übertrug der Milliardär seine Anteile an PhosAgro an seinen Sohn Andrei Junior, der in dem Unternehmen Karriere gemacht hatte und nun unter Schweizer Sanktionen steht. 

    Um sich die Unterstützung der Regierung zu sichern, errichteten die Gurievs unter anderem ein luxuriöses Fischerhäuschen in Murmansk für Dmitri Medwedew, den ehemaligen russischen Präsidenten und Premierminister. Ausserdem überschrieben sie Wladimir Litwinenko, dem ehemaligen Doktorvater von Wladimir Putin, als dieser in Sankt Petersburg studierte, 10% der Anteile von PhosAgro an, obwohl dieser sich einen solchen Kauf nicht leisten konnte. Litwinenko ist mittlerweile selbst zum Milliardär geworden. 

    Die Familie Guriev lebt in London in einer Residenz, die zuvor einem Cousin des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad gehörte. Im März 2022 ist Andrei Guriev Junior von seinem Posten als Direktor von PhosAgro zurückgetreten. Nun hat er alle Zeit der Welt, um seinen riesigen Londoner Palast zu geniessen. 

      

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Laut Bloomberg besitzt die Familie Guriev 56,5% von PhosAgro über zwei Holdinggesellschaften in der Schweiz: Chlodwig Enterprises SA und Adorabella SA, beide mit Sitz in Zug an der Dammstrasse 19 (eine Adresse, die sie sich laut Handelsregister mit 418 anderen Körperschaften teilen). 

    • In Zug befinden sich auch zwei weitere Unternehmen des PhosAgro-Konzerns: PhosAgro Trading SA und PhosAgro Logistics SA, die sich mit dem Handel bzw. dem Transport beschäftigen. 

    • Der gigantische Palast der Familie Guriev in London ist über die Tarngesellschaft Safran Holdings Limited auf den Britischen Jungferninseln im Besitz der Familie. Safran Holding SA ist in Genf registriert und ist laut Handelsregister Gesellschafterin einer Immobiliengesellschaft in Gstaad, der Hanseli Immobilien GmbH

  • Andrei Melnitschenko

    © Wikimedia

    16,65 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der Schweiz, der EU, Grossbritannien, Australien und der Ukraine. Melnitschenko nahm am 24. Februar 2022 am Treffen der Unternehmer mit Wladimir Putin im Kreml teil. 

    Andrei Melnitschenko wurde 1972 in Gomel (Weissrussland) geboren. Er ist in St. Moritz ansässig und sein Konzern, der weltweit tätige Düngemittelhersteller EuroChem, ist in Zug domiziliert. Der Oligarch bevorzugt jedoch das Jetset-Leben und verbringt viel Zeit auf einer seiner Yachten – unter anderem dem grössten privaten Segelboot der Welt, das im März 2022 von den italienischen Behörden beschlagnahmt wurde. Russischen Medienberichten zufolge ermöglicht ihm dieses Nomadenleben auch, den russischen Steuerbehörden zu entgehen, indem er seine Vermögenswerte in Offshore-Strukturen ausserhalb des Landes hält, was bei einem Wohnsitz in Russland schwieriger ist.  

    Nach dem Zusammenbruch der UdSSR machte Melnitschenko seine ersten Geschäftserfahrungen mit der Eröffnung einer Wechselstube an seiner Universität. 1993 war er Mitbegründer der MDM-Bank und begab sich damit auf eine der Hauptstrassen, auf denen viele russische Oligarchen zu Reichtum gelangten. So konnte er in die Industrie investieren und gründete drei Unternehmen: EuroChem (Düngemittel), SUEK (Kohle) und TMK (Herstellung von Rohren für Pipelines und Gaspipelines). Im Jahr 2006 verkauft er seine Anteile an TMK an Dmitri Pumpianski.  

    Der junge Geschäftsmann entdeckt sehr schnell, auf welcher Seite er stehen muss. Laut einer Recherche der Sendung «Mise au point» auf RTS, war Wladimir Putin zu seiner prunkvollen Hochzeit an der Côte d'Azur im Jahr 2005 eingeladen. Für diesen Anlass war eine orthodoxe Kapelle direkt aus Moskau importiert worden. 

    Andrei Melnitschenkos Sprecherin lässt verlauten: «Andrei Melnitschenko ist ein Selfmade-Unternehmer. Er hat keinen politischen Einfluss und war nicht an den postsowjetischen Privatisierungen beteiligt und ist daher kein Oligarch.» 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Der Geschäftssitz der Eurochem Group AG befindet sich in Zug, ebenso wie ihre Handelstochter EuroChem Trading GmbH. Andrei Melnitschenko ist der Gründer und Hauptaktionär über eine zypriotische Firma, AIM Capital (offenbar verbergen zwei weitere Briefkastenfirmen den tatsächlichen Begünstigten). 

    • Am 10. März 2022 gab Eurochem bekannt, dass sich der Oligarch «als Hauptbegünstigter» mit Wirkung vom 9. März aus dem Kapital zurückgezogen habe. Die neuen Begünstigten blieben der Öffentlichkeit unbekannt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO bestätigte jedoch den Status von EuroChem als nicht sanktionierte Einheit, nachdem das Unternehmen erklärt hatte, dass es keine sanktionierten Personen begünstige. 

    • Der Börsengang von EuroChem war für 2022 geplant und sollte unter anderem von UBS orchestriert werden, wie Ende 2021 bekannt wurde. Dieses Vorhaben wird vermutlich verschoben.  

    • Melnitschenko ist auch zu 92% Eigentümer von SUEK (ebenfalls über AIM Capital), sein Handelsarm befindet sich in Zug. Melnitschenko hat sich «von den Begünstigten des SUEK-Konzerns zurückgezogen». Die neuen Eigentümer sind unbekannt. 

    • Vor dem Krieg in der Ukraine war Melnitschenko in St. Moritz ansässig, was ihn im Prinzip dazu verpflichtete, 180 Tage pro Jahr in der Schweiz zu verbringen. Es ist unmöglich zu wissen, wie hoch seine Pauschalsteuer war, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass der Oligarch mit den aggressiven Optimierungsstrategien, die er in Russland praktizierte, auch in Graubünden Erfolg hatte. Am Tag vor der Einführung der Sanktionen verliess Melnitschenkos Jet Zürich in Richtung Tansania. 

  • Andrei Skotsch

    © Duma.gov.ru / Wikimedia

    7,99 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der EU, der Schweiz, den USA, Grossbritannien, Australien, Kanada, Japan und der Ukraine.  

    Andrei Skotsch wurde 1966 im Grossraum Moskau geboren und ist der wichtigste Geschäftspartner von Alischer Usmanow. Seit Ende der 1990er Jahre verbindet er Geschäft und Politik und sitzt fest in seinem Abgeordnetensessel in der Duma, dem russischen Parlament, wo er die Präsidentenpartei Einiges Russland vertritt.  

    Während der Privatisierungen investierte Skotsch in ein metallverarbeitendes Unternehmen in der Region Belgorod an der ukrainischen Grenze. Dabei lernte er Usmanow kennen. Aus dieser Zeit stammen auch die zahlreichen Gerüchte über seine Verbindungen mit der Mafia von Solnzewo, die damals in Moskau unter Sergei Michailow wütete; der Geschäftsmann wurde 1998 in Genf vor Gericht gestellt, aber letztendlich freigesprochen, nachdem alle Zeugen ihre Aussagen widerrufen hatten.  

    Skotsch führt seither einen ständigen Kampf, um diese Gerüchte zum Schweigen zu bringen. Er hat sich sogar an den ehemaligen Chef des französischen Inlandsgeheimdienstes Bernard Squarcini gewandt, um sein Image in Frankreich reinzuwaschen

    Skotsch hält 30% der USM Holding, einem Konglomerat, zu dem unter anderem Metalloinvest (eines der grössten Bergbauunternehmen in Russland), MegaFon (nationaler Telekommunikationsanbieter) und Mail.ru (Internetdienstleister) gehören; zudem investiert er in verschiedene andere Branchen, wie den Moskauer Flughafen Wnukowo.  

    Nach seiner Wahl in die Duma im Jahr 1999 übertrug Andrei Skotsch alle seine Beteiligungen an seinen Vater Wladimir. Nachdem die USA 2018 Sanktionen gegen Andrei verhängt hatten, schenkt Wladimir Skotsch 2020 seiner Enkelin Varvara Skotsch, der damals 20-jährigen Tochter von Andrei Skotsch, 50% seiner Anteile. Die Familie Skotsch hat also Erfahrung mit der Verwaltung von Vermögenswerten im Falle von Sanktionen.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Zug ist ein wichtiger Stützpunkt für den Metalloinvest-Konzern. Metalloinvest Trading AG und Metalloinvest Logistics AG sind dort registriert. Die Metalloinvest Trading AG ist die wichtigste Handelstochter des Konzerns. Sie wickelt sowohl die Transaktionen zwischen den verschiedenen Unternehmen der Metalloinvest als auch die Verkäufe an externe Kunden ab. Metalloinvest Logistics organisiert den weltweiten Transport der Produkte.  

    • Wie die Ermittlungen von «Suisse Secrets» enthüllten, eröffnete die Credit Suisse zwischen 2004 und 2014 zahlreiche Konten, die mit der USM Holding in Verbindung standen. Der helvetische Riese gehörte zu der Gruppe von Bankinstituten, die 2014, kurz nach der Annexion der Krim, eine Kreditbeziehung mit Metalloinvest aufrechterhielten.  

    • 2019 ging das auf Duty-Free-Shops spezialisierte Basler Unternehmen Dufry eine Partnerschaft mit Andrei Skotsch ein und erwarb 60% von Regstaer-M, einem russischen Unternehmen, das die Duty-Free-Shops am Moskauer Flughafen Wnukowo kontrolliert und dessen wirtschaftlicher Eigentümer Wladimir Skotsch ist, der Vater von Andrei. 

  • Anna Tsivileva, geborene Putina

    © Shutterstock

    Vermögen unbekannt, keine Sanktionen. 

    Anna Tsivileva wurde 1972 in Ivanovo als Tochter eines Cousins von Wladimir Putin geboren. Zunächst verfolgte sie eine unauffällige Karriere als Psychiaterin in einem Krankenhaus am Rande von Iwanowo im Nordosten Moskaus. Doch als das berühmte Mitglied ihrer Familie im Jahr 2000 zum Präsidenten gewählt wurde, machte sie sich auf den Weg nach Moskau. Wie die Tageszeitung Le Temps kürzlich berichtete und sich dabei auf eine sehr detaillierte Untersuchung stützte, die im Januar 2022 von der Website Agents Media veröffentlicht wurde, beginnen von da an die Geschäfte und das Vermögen der jungen Frau zu florieren. 

    Anna beginnt zunächst mit dem Kauf von medizinischen Geräten und kauft dann ab 2012 mit ihrem Mann Sergej Ziwilew Vermögenswerte im Kohlebergbau auf. Er wird Aktionär von Kolmar, einem Unternehmen für den Abbau und die Verarbeitung von Kokskohle, das in der russischen Republik Sacha angesiedelt ist und heute 2,5 Milliarden US-Dollar schwer ist (nicht zu verwechseln mit der ebenfalls in Zug angesiedelten Kolmar Group AG). 

    Die Welt ist wirklich sehr klein. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Kolmar zu 60% und zu gleichen Teilen Volga Resources, der Holdinggesellschaft von Gennadi Timtschenko, dem Milliardär und engen Freund von Wladimir Putin, und Gunvor, der von ihm mitbegründeten Handelsgesellschaft mit Sitz in Genf. Gunvor verkaufte im April 2015 ihren Anteil an den Oligarchen Andrei Bokarev weiter.  

    Die Taschenspielertricks zwischen den Anteilseignern wurden offenbar in aller Heimlichkeit fortgesetzt. 2018, als Putins Grosscousine an die Spitze von Kolmar katapultiert wurde, erhielt sie die Anteile ihres Mannes zurück, der gerade zum Gouverneur der Kohleregion Kemerowo ernannt worden war. Laut einem von Le Temps eingesehenen Dokument war sie, zu diesem Zeitpunkt zu 70% Eigentümerin von Kolmar, während der Rest von Timtschenko gehalten wurde.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • In der Schweiz befindet sich die Handelsniederlassung von Kolmar, KSL AG (Kolmar Sales and Logistics), die im April 2016 in Zug registriert wurde. 

    • Von April 2016 bis Februar 2018, war Anna Tsivileva Vorstandsvorsitzende der KSL AG. Auch ihr Ehemann erschien im Handelsregister. Doch 2018 erklärte er gegenüber Reuters, dass er diesen Vermögenswert an eine dritte Partei verkauft habe, deren Identität niemand kenne.  

  • Arkadi und Boris Rotenberg

    © Mikhail Svetlov / Getty Images

    Arkadi Rotenberg, 2,88 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Boris Rotenberg, 1,11 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in den USA, der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Australien, Kanada, Japan und der Ukraine.  

    Arkadi Rotenberg (1951) und sein Bruder Boris (1957) wurden beide in Sankt Petersburg geboren und sind seit ihrer Kindheit mit dem russischen Präsidenten befreundet. Gemeinsam haben sie sich auf Judomatten gerollt. Die Wahl von Wladimir Putin im Jahr 2000 war ein wahrer Segen, da daraufhin ihre Geschäfte und ihr Vermögen zu steigen begannen.  

    2008 gründete Arkadi, der bis dahin eher ein bescheidener Geschäftsmann gewesen war, den Konzern Stroygazmontazh (SGM), der damals aus sechs Bauunternehmen bestand, die sich auf Pipelines und Gasleitungen spezialisiert hatten und deren Hauptkunde Gazprom war. Es war SGM, die die Brücke baute, die die Krim über die Strasse von Kertsch mit der Russischen Föderation verbindet. Das Unternehmen wurde 2019 für 1,2 Milliarden US-Dollar an eine Tochtergesellschaft von Gazprom weiterverkauft.  

    Arkadi, der heute zu 94,1% Anteilseigner des Bauriesen Mostotrest ist, hat die grössten Regierungsaufträge an Land gezogen, wie den Bau der neuen Autobahn von Moskau nach Sankt Petersburg. Bereits 2006 rief die geplante Strassenführung durch den Wald von Khimki in der Nähe von Moskau heftigen Widerstand hervor. Der Lokaljournalist Michail Beketow,, der damals die staatliche Korruption anprangerte, war zusammengeschlagen worden und starb einige Jahre später an den Folgen seiner Verletzungen. Die Olympischen Spiele in Sotschi liessen Arkadis Vermögen explodieren. Wie auf der Korruptionskarte des Oppositionspolitikers Alexei Nawalni zu sehen ist, baute Mostotrest für 2,5 Milliarden US-Dollar 17 km einer Bergstrasse in Sotschi.  

    Arkadi ist auch Anteilseigner des Moskauer Flughafens Scheremetjewo sowie eines Düngemittelunternehmens (Minudobreniya). Er versichert auch, der «wirkliche» Eigentümer von «Putins Palast» zu sein. Zusammen mit seinem diskreteren Bruder Boris, der ebenfalls unter Schweizer Sanktionen steht, besitzt er fast zu gleichen Teilen die SMP Bank.  

    Verbindungen zur Schweiz  

    • Eine auf den «Panama Papers» basierende Recherche der Tamedia-Gruppe zeigt, dass 2012 Highland Ventures, eine der Offshore-Firmen der Rotenberg-Brüder,über den Genfer Vermögensverwalter Dôme Capital Partners Bankkonten in der Schweiz eröffnet hat.  

    • Die beiden Jugendfreunde Putins sollen ihr Geld (hunderte Millionen Franken) unter anderem bei der Genfer Filiale der Société Générale und bei der Privatbank Edmond de Rothschild deponiert haben. Dutzende Millionen sollen noch 2015, nach den ersten US-Sanktionen gegen Arkadi, in diesem Genfer Institut gelandet sein.  

    • Arkadi Rotenberg ist weiterhin Mitglied des Exekutivkomitees der Internationalen Judo-Föderation mit Sitz in Lausanne. Von 2013 bis 2020 war er Mitglied des Vorstands des Vereins SportAccord, ebenfalls in Lausanne.  

  • Dmitry Rybolovlev

    © Wikimedia

    6,23 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Sanktioniert in der Ukraine.  

    Dmitry Rybolovlev wurde 1966 in Perm (Ural) geboren. Der ausgebildete Arzt stieg mit dem Verkauf von Bier ins Geschäft ein. Dann, Mitte der 90er Jahre, kaufte der zukünftige Oligarch mehrere Kalibergwerke in Berezniki bei Perm auf, woraus später der Riese Uralkali (siehe unten) wurde. Dabei profitierte er von der Unterstützung eines ehemaligen Militärs, der die Nummer 2 des staatlichen Fonds für Privatisierungen in der Region Perm war. 

    1996 wurde Rybolovlev verdächtigt, er habe den Direktor eines Unternehmens, das später unter seine Kontrolle geriet, ermorden lassen. Er sass fast ein Jahr lang in Haft, wurde aber schliesslich freigesprochen. Im Jahr 2003 zog er mit seiner Frau und seinen Kindern nach Cologny in der Nähe von Genf.  

    Zu diesem Zeitpunkt kontrolliert er über die Matura Holding in Zypern 80% der Anteile an Uralkali (Russlands grösster Hersteller von Kalidünger). Über 80% der Produktion werden u. a. über die Uralkali Trading SA exportiert, eine Handelsgesellschaft mit Sitz in Lancy bei Genf.  

    Nach einem schweren Unfall in einer seiner Minen wurde der Düngemittelmagnat vom Kreml unter Druck gesetzt und verkaufte 2010 seine Anteile für 5 Milliarden US-Dollar an den Oligarchen Suleiman Kerimow. 2011 verlässt er die Schweiz und zieht nach Monaco, wo er in eine Kaskade von Skandalen verstrickt ist. Seine Frau Elena, die immer noch in Genf wohnte, reichte die Scheidung ein und verlangte 6 Milliarden Franken (sie erhielt etwa 800 Millionen). Darauf machte sie publik, wie ihr Mann sein Vermögen – darunter eine Gemäldesammlung – in einem Trust versteckt hatte. In Monaco, wo Rybolovlev enge Beziehungen zu den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz pflegte, gelang es ihm, seinen Kunsthändler Yves Bouvier verhaften zu lassen, bevor er selbst von der «Monaco Gate» eingeholt wird. Seit 2018 richtet sich eine Untersuchung gegen ihn wegen «aktiver Bestechung» und «Einflussnahme».  

    Seine Verbindungen zum Kreml haben sich verstärkt. Sein Freund und Gönner Juri Trutnew (ehemaliger Gouverneur von Perm) ist heute Putins Sonderbeauftragter für die Region Wladiwostok. Laut einer Recherche des französischen Portals Mediapart hat das Tandem noch gemeinsame Interessen in Russland. Rybolovlevs Name erscheint im «Putin Accountability Act», einer Liste des US-Kongresses, auf der Persönlichkeiten aufgeführt sind, die aufgrund ihrer Nähe zu Putin sanktioniert werden sollen. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Im September 2021 stellte die Genfer Justiz Rybolovlevs Klage gegen seinen Kunsthändler Yves Bouvier ein. Der Oligarch legte gegen diese Entscheidung Berufung ein. 

    • Das «Loch von Cologny» wurde 2016 zugeschüttet. Seit 2008 war diese riesige Baustelle am Genfersee, die ein klaffendes Loch am Hang des Hügels zeigte, wegen des Scheidungsverfahrens zum Stillstand gekommen. Das Ehepaar Rybolovlev wollte dort eine Nachbildung des Lustschlosses Petit Trianon in Versailles errichten lassen.  

    • Das Grundstück gehört nun Elena Rybolovleva, die auch eine weitere luxuriöse Villa in Cologny besitzt, wo sie ihre Kulturstiftung domiziliert hat. Im Jahr 2017 erhielt die Ex-Frau des Oligarchen zusammen mit ihrer Tochter Anna die maltesische Staatsbürgerschaft. Sie wird auf der Forbes-Liste mit einem Vermögen von 600 Millionen US-Dollar aufgeführt und sponsert das Klassik-Festival von Bellerive bei Genf.  

  • Dmitri und Alexander Pumpianski

    © Wikimedia / Chris Ratcliffe / Bloomberg

    2,23 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der Schweiz,  der EU, Grossbritannien, Kanada, Australien und der Ukraine. Pumpianski Senior war beim Treffen der Oligarchen mit Wladimir Putin am 24. Februar im Kreml anwesend.  

    Die Pumpianskis lieben Wein und Pipelines. Der Vater Dmitri wurde 1964 im sibirischen Ulan-Ude geboren und hat – zusammen mit seinem Milliardärsfreund Andrei MelnitschenkoTMK gegründet, den grössten Hersteller von Metallrohren für die Öl- und Gasindustrie in Russland. Er hält heute 95,6% der Anteile an diesem Unternehmen, das 15 Werke in Russland, Rumänien und Kasachstan betreibt und 23% des russischen Marktes und 14% des Weltmarktes für nahtlose Rohre kontrolliert. Beim Börsengang von TMK im Jahr 2007, der von der Credit Suisse mitorchestriert wurde, gelang es Dmitri Pumpianski, fast eine Milliarde US-Dollar zu beschaffen. 

    Sein Sohn Alexander, der 2012 den Absturz eines von ihm gesteuerten Flugzeugs überlebte, kümmert sich von Genf aus um den Familienkonzern Sinara, der in den Bereichen Verkehrstechnik, Finanzen, Energie und Agrobusiness tätig ist. Die Pumpianskis kauften Mitte der 2000er Jahre auch zwei Weingüter in Südfrankreich und im Jura, die sie, wenige Tage vor den Sanktionen wieder verkauften. Sie kontrollieren auch die SKB Bank. 

    Dmitri Pumpianski gehört zu den vom Kreml am meisten geschätzten Oligarchen. Putin empfing ihn zu einem Vier-Augen-Gespräch im Kreml und zeichnete ihn mehrfach mit dem Verdienstorden für das Vaterland aus. Das letzte Mal im Oktober 2021, für seinen «grossen Beitrag zur Entwicklung der nationalen Verkehrstechnik und viele Jahre gewissenhafter Arbeit». 

    Am 10. März traten die Pumpianskis aus dem Vorstand von TMK zurück. Anschliessend übertrugen sie ihre Vermögenswerte bei TMK und Sinara auf mehrere hochrangige Führungskräfte. Die 72 Meter lange Familienjacht «Axioma» wurde in Gibraltar festgehalten

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Alexander Pumpianski, der in der Schweiz studiert hat, ist seit 2002 in Genf ansässig. Er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft Russlands und der Schweiz. Vor den Sanktionen war er Verwaltungsratsmitglied der Segilo SA in Zürich, der Domus Flavia Investments AG in Genf (beides Immobilienverwalter), der Lera Capital SA einer Vermögensverwaltungsgesellschaft, sowie der Vermögensverwaltungsdienstleistungsgesellschaft Sinara SA. Inzwischen hat er alle seine Mandate niedergelegt.  

    • Alexander ist Eigentümer einer Wohnung in Genf und einer Villa in Chêne-Bougerie; laut der Tribune de Genève wurden beide infolge der Sanktionen beschlagnahmt.  

    • In einem Interview vertraute Alexander der Tribune de Genève an, dass alle seine Schweizer Bankkonten gesperrt seien und dass die «Dienstleistungsfirmen» aufgehört hätten, mit seiner Familie zusammenzuarbeiten. Sogar die Anwält*innen «flüchten wegen des Reputationsrisikos». 

    • Bevor die Sanktionen verhängt wurden, pflegte Dmitri Pumpianski gute Beziehungen zu den Schweizer Behörden. Im März 2020 besuchte der Schweizer Botschafter in Russland Yves Rossier eine seiner Fabriken in der Region Kaluga, die Eisenbahnmaterial herstellt und äusserte die Ansicht, dass es «ein grosses Potenzial für die Zusammenarbeit» mit Schweizer Unternehmen gebe. 

  • Evgeny Kogan und Familie

    © Olivier Maire / Keystone

    Evgeny Kogan, Erbe von Wladimir Kogan (gestorben 2019). 1,02 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2018). Keine Sanktionen.  

    Die Familie Kogan hat die Schweiz zu ihrem Rückzugsort gemacht und in den 2000er-Jahren ein Chalet in Crans-Montana gekauft. Der in der Schweiz ansässige Evgeny, damals erst 24, etablierte sich 2013 als Hauptinvestor eines Mega-Immobilienprojekts in Aminona (VS), das bis heute nicht realisiert wurde.  

    Sein Vater, der Bankier Wladimir Kogan – 2019 an einem Herzinfarkt verstorben – gehörte zu den alten Bekannten von Wladimir Putin. Als Mehrheitsaktionär der Promstrojbank in Sankt Petersburg in den 1990er Jahren kreuzte er den Weg des späteren russischen Präsidenten, der dort Kunde war. Die beiden Männer blieben gut befreundet. 2004 verkaufte Kogan Senior 75% seiner Anteile an die staatliche Aussenhandelsbank (VTB) und kassierte damit das grosse Geld. Er wechselte zwischen seiner Tätigkeit als Geschäftsmann und der eines hohen Beamten. Zwischen 2008 und 2011 leitete er die Bauabteilung des Ministeriums für regionale Entwicklung und war unter anderem für ein riesiges Bauprojekt verantwortlich, den Bau von Deichen in Sankt Petersburg. Anschliessend wurde er bis Dezember 2012 zur Nummer zwei desselben Ministeriums ernannt. In der russischen Presse galt Wladimir Kogan als «reichster Minister der Regierung». 

    Im Jahr 2015 übernahm er 82% der Bank Uralsib, die zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Bankrott stand und durch die russische Zentralbank kontrolliert werden musste. Nach seinem Tod erbt seine Frau Ludmila seine Anteile. Die Bank wird jedoch von seinen Söhnen, insbesondere dem in der Schweiz lebenden Evgeny, geleitet.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Evgeny Kogan, der die russische und die zyprische Staatsangehörigkeit besitzt, ist in Crans-Montana wohnhaft. Er ist heute der alleinige Geschäftsführer der Aminona Luxury Resort and Village SA. Diese Gesellschaft wurde 2007 eingetragen, um die Realisierung des «Village Royal» zu leiten, ein gigantisches Immobilienprojekt, das auf 650 Millionen Franken geschätzt wird, und den Bau von 14 Hotelgebäuden mit einer Kapazität von 315 Zimmern vorsieht.  

    • In Crans-Montana hat die Familie Kogan 50’000 m² Land gekauft. Sie soll insgesamt 100 Millionen Franken eingesetzt haben. Die Fundamente wurden bereits errichtet, doch seit 2017 steht die Baustelle aufgrund fehlender finanzieller Garantien still und zeigt klaffende Löcher.  

    • Laut einem Bericht von RTS ist die Wiederaufnahme der Arbeiten für Ende Mai 2022 geplant. Die Gemeinde verlangt dafür die Hinterlegung von 7,5 Millionen Franken. 

  • Gennadi Timtschenko

    © Sefa Karachan Anadolu / Getty Images

    20,46 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in den USA, der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Australien, Kanada, Japan und der Ukraine.  

    Gennadi Timtschenko wurde 1952 in Armenien geboren und begann seine Karriere als Händler in der Kirichi-Raffinerie in Sankt Petersburg. Er freundete sich mit Wladimir Putin an, der in der Stadtverwaltung den Ausschuss für Aussenbeziehungen leitete. Nach einem Aufenthalt in Finnland, wo er Anfang der 2000er Jahre die Staatsbürgerschaft erhielt, machte er sich mit seiner Familie auf den Weg nach Genf. Seine Ölhandelsfirma Gunvor war damals noch völlig unbekannt. Vier Jahre später wurde das Unternehmen zum Stammverkäufer des staatlichen Riesen Rosneft und exportierte etwa ein Drittel des russischen Öls.  

    Timtschenko hatte ein Gespür für das richtige Timing. Im Jahr 2014, wenige Stunden bevor das Fallbeil der US-Sanktionen fiel (als Reaktion auf die Annexion der Krim), gab er bekannt, dass er seinen Anteil von 44% an Gunvor an seinen schwedischen Partner Torbjörn Törnqvist abgetreten hatte. Er verliess die Schweiz und schlüpfte perfekt in das Kostüm des patriotischen Oligarchen. Der Kreml betraute ihn daraufhin mit einer Mission: die Wirtschaftsbeziehungen mit China auszubauen. Nachdem ein Gesetz verabschiedet worden war, das russische Geschäftsleute dazu ermutigte, ihre Vermögenswerte in die Heimat zurückzuholen, war er einer der ersten, der dies tat und sie von Zypern nach Russland transferierte. Über diese Holding hält er Anteile an Russlands grösstem privatem Gasproduzenten Novatek (23,49%) sowie an den Unternehmen Sibur (17%), Stroytransgaz (53%) und Transoil (80%). Timtschenko schied am 9. März 2022 aus dem Vorstand von Novatek aus. 

    Mit Wladimir Putin teilt er die Leidenschaft für Judo und Eishockey. Laut dem Oppositionspolitiker Alexei Nawalny ist er einer der Financiers von Putins Palast

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Im Jahr 2002 erwarb der Oligarch für 18,4 Millionen Franken eine Villa in Cologny am Genfersee, die über einen Indoor-Tennisplatz verfügte. Laut Grundbuch schenkte er dieses Anwesen 2015 seiner Frau Elena (seit dem 13. April 2022 in der Schweiz sanktioniert) und seinem Sohn Ivan, die noch immer in der Schweiz leben. Der 27-jährige Ivan besitzt ausserdem eine Wohnung in Cologny, die er einer Schenkung seines Vaters aus demselben Jahr verdankt. Diese Immobilien sollen laut Tribune de Genève beschlagnahmt worden sein.  

    • Gemäss Auskunft der Einwohnerkontrolle ist Gennadi Timtschenko immer noch in Cologny wohnhaft (mit seinem finnischen Pass, Stand 9. März 2022), aber mehrere Quellen deuten darauf hin, dass er seit 2014 kaum wieder einen Fuss in die Schweiz gesetzt hat.  

    • Nach Inkrafttreten der US-Sanktionen im Jahr 2014 wurden seine Konten bei der Credit Agricole Genf und der BNP Paribas (Suisse) SA gesperrt. Letzteres Institut hielt die Beschlagnahmung aufrecht, was Timtschenko dazu veranlasste, den Rechtsweg zu beschreiten, wie das Rechercheportal Gotham City aufdeckte. Der Oligarch hatte sich daraufhin an den Genfer Anwalt gewandt, der auch die Geschäfte des Oligarchen Wladimir Lissin in der Schweiz betreut. 

    • Laut einer Recherche von Tamedia hatte Timtschenko zwischen 2013 und 2017 auch Konten bei der Bank Edmond de Rothschild, die über die Genfer Vermögensverwaltungsfirma Dôme Capital Partners eröffnet wurden.  

    • 2008 liess Elena Timtschenko die Fondation Neva registrieren, die an die hundert Kulturveranstaltungen in der Schweiz finanzierte.  

    • Mehrere Tochtergesellschaften von Unternehmen, an denen Gennadi Timtschenko beteiligt ist, haben ihren Sitz in der Schweiz: Novatek Gas & Power GmbH und NOVATEK GAS & POWER ASIA PTE. LTD., Singapore, Zug in Zug und Sibur Investments AG in Baar.  

  • Igor Makarow

    © Wikimedia

    1,95 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in Australien und Kanada. 

    Igor Makarow, 1962 im turkmenischen Aschgabat, geboren, war in seiner Jugend ein begeisterter Radfahrer, wandte sich aber schon früh der Geschäftswelt zu und begann seine Karriere mit dem Verkauf von Sportbekleidung und Souvenirs, die er selbst herstellte. In den 1990er Jahren lernte er Rem Wiachirew kennen, den damaligen mächtigen Direktor von Gazprom, und seine Karriere nimmt richtig Fahrt auf.  

    1992 gründete er ltera. Fünf Jahre später ist der Konzern mit Sitz in Florida, der von vier Offshore-Firmen auf den Britischen Jungferninseln kontrolliert wird, zu einem wichtigen Akteur in der Gasbranche geworden. Itera belegt nach Gazprom den zweiten Platz bei der Förderung und Lieferung von Gas in der ehemaligen Sowjetunion, damals der grösste Gasexporteur Turkmenistans. Es kontrolliert einige grosse Vorkommen in Sibirien. Mehreren russischen Medien zufolge gehören zu seinen geheimen Aktionären auch führende Vertreter von Gazprom.  

    Nach seinem Amtsantritt setzte Wladimir Putin seine Leute an die Spitze von Gazprom und Igor Makarows Stern begann zu verblassen. Im Jahr 2013 sah er sich gezwungen, sein Imperium an den staatlichen Ölriesen Rosneft zu verkaufen wobei er zwischen 3 und 4 Milliarden Dollar einnahm. 

    Der Oligarch registrierte 2015 einen neuen Konzern mit dem Namen Areti (Itera rückwärts geschrieben) mit Hauptsitz in der Schweiz. Er investierte über eine Milliarde in einen Investmentfonds – Pangeo Capital – mit Interessen in den Bereichen Telekommunikation, Immobilien und Finanzen.  

    2017 erwarb Areti 50% der Anteile an New Stream, der grössten Gruppe privater russischer Unternehmen, die die Produktion, die Raffination (einschliesslich der Antipinsky-Ölraffinerie in Sibirien) und den Transport von Öl kontrollieren. Der andere Anteilseigner ist Dmitri Mazurow, der Interessen in der Schweiz hat und in Russland wegen Betrugs strafrechtlich verfolgt wurde. Gegen ihn war auch ein Verfahren in Genf anhängig (das Anfang 2022 eingestellt wurde), wie Gotham City aufdeckte.  

     Verbindungen zur Schweiz 

    • Laut dem französischen Rechercheportal Mediapart erbrachte die Reyl Private Office Sarl in Genf, die zur Reyl-Gruppe gehört (die Bank, bei der das Konto des ehemaligen französischen Ministers Jérôme Cahuzac entdeckt wurde), im Jahr 2014 «Managementberatungsdienste in Russland» für die Investitionsprojekte von Pangeo Capital. 

  • Ilja Traber

    Keine Vermögensschätzung, keine Sanktionen. 

    llja Traber wurde 1950 in Omsk geboren und absolvierte die Marinehochschule in Sewastopol im Rang eines Leutnants. Er diente in der sowjetischen U-Boot-Flotte. 1980 verliess er die Armee und zog nach Sankt Petersburg (damals Leningrad), wo er als Barkeeper arbeitete. Ende der 1980er Jahre etablierte er sich als grösster Antiquitätenhändler der Stadt, mit einem Spitznamen, der ihn bis heute verfolgt: «Der Antiquitätenhändler».  

    Die russische Presse schrieb viel über seine angeblichen Verbindungen zur Petersburger Mafia und seine Freundschaft mit Wladimir Putin, der damals die Abteilung für Aussenbeziehungen der Stadtverwaltung leitete. Ende der 1990er Jahre sass Traber im Vorstand der Gesellschaft, die den Hafen von Sankt Petersburg betreibt, und wurde so zum starken Mann an diesem strategisch wichtigen Ort. Ausserdem ist er an einer lokalen Ölgesellschaft sowie an einer Firma in der Hafenstadt Wyborg beteiligt.  

    Da er jedoch von mafiösen Gruppen bedroht wurde, war er gezwungen, sich in Paris in einer Wohnung mit kugelsicheren Fenstern niederzulassen. Anschliessend zog er sich diskret in die Schweiz zurück.  

    Laut der russischen Wirtschaftszeitung Wedomosti ist Ilja Traber heute zu 100% Eigentümer des Kohleterminals im Hafen von Ust-Luga. 2015 wurde sein Name im Rahmen einer umfassenden spanischen Ermittlung gegen die russische Mafia genannt, die von Richter Baltasar Garzón eingeleitet worden war und bei der 2018 alle Angeklagten freigesprochen wurden.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Nach unseren Informationen war Ilja Traber Mitte der 2000er Jahre in der Schweiz wohnhaft. Er hatte eine Aufenthaltsbewilligung vom Typ B und profitierte von einer Pauschalbesteuerung.  

    • Im Jahr 2006 erwarb er ein luxuriöses Anwesen in La Tour-de-Peilz VD: 6’000 m² Wohnfläche und ein unterirdisches 20-Meter-Schwimmbecken, das er für 32 Millionen Franken von einer kanadischen Sängerin gekauft hatte. Im Keller seiner Villa bewahrte er damals eine beeindruckende Gemäldesammlung auf.  

    • Wie uns das Grundbuchamt des Kantons Waadt bestätigte, schenkte er diese Immobilie im Jahr 2015 seiner Frau Nina Menschikova. Traber lebt nun überwiegend in Sankt Petersburg. 

  • Iskander Machmudow

    © Wikimedia

    9,02 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Keine Sanktionen. 

    Iskander Machmudow, 1963 im usbekischen Buchara geboren, begann seine Karriere Ende der 1980er Jahre als Ingenieur und Übersetzer für Arabisch, der vom Handelsministerium für Aufträge im Irak und in Libyen angestellt war. Der junge Usbeke hatte einen guten Geschäftssinn und ging nach dem Zerfall der Sowjetunion nach Moskau, um bei der TransWorld Group (TWG) seine ersten Erfahrungen zu sammeln. Die Holdinggesellschaft der legendären Tchernoi-Brüder kontrollierte damals die grössten metallurgischen Betriebe des Landes. Machmudow hatte zu dieser Zeit Oleg Deripaska, Wladimir Lissin und Alexander Abramow als Geschäftspartner, die alle zu Milliardären wurden. 

    Als Überlebender der blutigen Aluminiumkriege der 1990er (Morde und Enteignungen erschütterten damals die Branche) übernahm er mit einem der Direktoren der Fabrik die Kontrolle über einen der grössten Kupfer- und Zinkproduzenten des Landes: Uralelectromed. Auf dieser Grundlage entsteht der Gigant Ural Mining and Metallurgical Company (UGMK) in dem Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Bergbau, Nichteisenmetallurgie und Maschinenbau zusammengeschlossen sind. Machmudow ist zusammen mit seinem Partner Andrei Bokarev auch Aktionär von Transmashholding, dem grössten Anbieter von Rollmaterial, und Kuzbassrazrugol, dem zweitgrössten Kohleproduzenten Russlands. Er gehört zu den «Königen der Staatsaufträge», die den Löwenanteil öffentlicher Aufträge an sich reissen.  

    Die dunkle Vergangenheit des Oligarchen taucht regelmässig wieder auf. Eine Recherche des französischen Rechercheportals Mediapart erinnert daran, dass er im Rahmen eines 2007 in Spanien eröffneten Verfahrens wegen «illegaler Vereinigung» (mit der kriminellen Organisation Ismajlovskaya) und «Geldwäsche» angeklagt worden war. Die Ermittlungen verliefen schliesslich in Russland im Sande.  

    Iskander Machmudow, der seit 2011 Partner des französischen Riesen Alstom ist, pflegt sein Image als grosser Industrieboss im Dienste des Kremls. Im Jahr 2002 bezeichnete er sich selbst als «Putins Soldat». Er beauftragt häufig sein Alter Ego und Partner Bokarew zu persönlichen Treffen mit dem Kremlherrn. Er selbst wurde 2018 von Wladimir Putin mit der Medaille zweiten Grades des Verdienstordens für Dienste am Vaterland ausgezeichnet. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Im Mai 2016 sandte der russische Umweltaktivist Konstantin Rubakhin, der gegen eines der umweltschädigenden Projekte des Giganten UGMK in der Region Woronesch kämpfte, eine Meldung an die Bundesanwaltschaft, um den kriminellen Ursprung des Vermögens des Tandems Machmudow-Bokarew aufzudecken. Public Eye ist im Besitz einer Kopie des Schreibens, der damals an Michael Lauber gerichtet war und nie beantwortet wurde. 

    • Der Aktivist beschrieb, wie UGMK seine die Gewinne ausserhalb Russlands auf Konten von Handelsfirmen in der Schweiz – unter anderem Alpin Group AG in Thun, Umcor AG in Zürich und GGP Metall AG in Biel – anhäufte und diese Gelder dann zum Aufkauf von Vermögenswerten in Europa verwendete.  

    • Laut einem von Rubakhin vorgelegten offiziellen Dokument verfügte der Riese Transmashholding in den Händen des Tandems Machmudow-Bokarev damals über Bankkonten bei der Credit Suisse in Zürich. 

    • Ende 2010 wurde Transmashholding (TMH) Opfer von Betrügern , die 100 Millionen Euro von ihrem Konto bei der LGT Bank in Genf entwendeten. Die Betrügergruppe wurde 2021 in Bellinzona vor Gericht gestellt – das Urteil steht noch aus. 

  • Kirill Schamalow

    © Sergei Karpukhin / Reuters

    744 Millionen Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in den USA, der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Australien, Kanada, Japan und der Ukraine. 

    Kirill Schamalow wurde 1982 in St. Petersburg geboren und ist der Sohn des ehemaligen Zahnarztes Nikolai Schamalow, einem der ältesten Freunde von Wladimir Putin, Aktionär der Bank Rossija und ehemaliger Miteigentümer der berühmten Datscha-Kooperative Ozero.  

    Seine Karriere als Oligarch schien früh vorgezeichnet. Nach seinem Jurastudium an der Universität Sankt Petersburg arbeitete er für den Giganten Gazprom und die Gazprombank, bevor er zum Vizepräsidenten des Petrochemiekonzerns Sibur ernannt wurde, an dem er unter ganz besonderen Umständen Anteilseigner wurde.  

    2013 heiratete der charmante Geschäftsmann und passionierte Rallyefahrer Katerina Tichonowa, die jüngste Tochter des russischen Präsidenten. Die Eheleute kauften sich in Biarritz eine luxuriöse Villa, die vor kurzem von Aktivisten besetzt wurde, die gegen den Krieg in der Ukraine protestierten. Schamalow Junior wurde in der Folge mit Geschäftsangeboten überhäuft und jonglierte mit mehreren Offshore-Firmen, die in Steuerparadiesen registriert waren, wie eine Recherche des Portals für Investigativjournalismus Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) auf der Grundlage von durchgesickerten E-Mails enthüllte.  

    Noch im Jahr der Heirat erwarb er über eine seiner Offshore-Firmen 3,8% des Aktienkapitals des Riesen Sibur, – für den lächerlichen Preis von 100 Dollar statt 380 Millionen Dollar. Ein Geschenk, das er angeblich in seiner Eigenschaft als Schwiegersohn erhalten hatte. Im darauffolgenden Jahr erwarb er mithilfe eines Kredits der Gazprombank weitere 17% der Anteile an Sibur, die zu diesem Zeitpunkt dem Oligarchen Gennadi Timtschenko gehörten, da dieser als Folge der Annexion der Krim durch Russland von den USA mit Sanktionen belegt worden war. 2017, sechs Monate vor seiner Scheidung von Katerina Tichonowa, verkaufte er diese Beteiligung wieder. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Die Recherchen von OCCRP zeigen, dass Kirill Schamalow während der Zeit seiner Ehe mit der Tochter von Wladimir Putin mehrere Bankkonten in der Schweiz besass.  

    • Mehreren Medienberichten zufolge war Kirill Schamalow auch Kunde der Gazprombank, die eine ihrer wichtigsten Tochtergesellschaften in Zürich hat.  

    • Nach den Enthüllungen der «Panama Papers» war die Schweizer Niederlassung der Gazprombank Gegenstand einer Ermittlung der FINMA. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht hatte schwerwiegende Mängel in Bezug auf die Privatkunden dieses Instituts festgestellt und der Gazprombank (Suisse) SA im Februar 2018 untersagt, private Vermögensverwaltung zu betreiben. 

  • Kyrill I., Patriarch

    © Kremlin / Wikimedia

    Kyrill I., Patriarch von Moskau und der ganzen Rus (Wladimir Gundjajew)

    Keine Vermögensschätzung. Keine Sanktionen.  

    In Russland ist er die Speerspitze des Kampfes für konservative, LGBT-feindliche und sogenannt patriotische Werte. Der 1946 in Sankt Petersburg geborene Patriarch Kyrill hat das Regime von Wladimir Putin stets bedingungslos unterstützt und nicht gezögert, das harte Vorgehen der Polizei gegen Oppositionsdemonstrationen zu rechtfertigen oder Moskaus Waffen und Kriege im Ausland zu segnen. Zu Beginn der Invasion in der Ukraine bezeichnete er all jene, die sich der russischen Militärintervention widersetzten, als «Kräfte des Bösen».  

    Historiker*innen mit Zugang zu KGB-Archiven behaupten, dass Wladimir Gundjajew (sein bürgerlicher Name) zu Zeiten der UdSSR ein KGB-Agent war, der unter dem Codenamen «Michailov» agierte. Er soll in den 1970er Jahren zum Spion geworden sein, als er das Patriarchat von Moskau und der ganzen Rus beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf vertrat.  

    In den 1990er Jahren war Gundjajew Leiter der Abteilung für Aussenbeziehungen des Moskauer Patriarchats, eine Position, die es ihm laut mehreren russischen Medien, darunter Novaja Gaseta,  

    ermöglicht haben soll, sich durch den Import von Zigaretten – er erhielt den Spitznamen «Tobacco» – und Mineralölgeschäfte zu bereichern. Zu wohltätigen Zwecken konnte die orthodoxe Kirche damals diese Geschäfte ohne Zollgebühren betreiben, was zu riesigen Gewinnen führte.  

    Nachdem er 2009 zum Patriarchen ernannt wurde, offenbarten sich die luxuriösen Vorlieben des Kirchenmannes. Ihm werden ein immenser Reichtum mit zahlreichen Immobilien, darunter eine Liegenschaft in der Schweiz, und eine Vorliebe für Schweizer Uhren mit einem Stückpreis von über 50’000 Franken nachgesagt.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Nach unseren Informationen liebt Patriarch Kyrill die Schweiz, die er in den 1970er Jahren entdeckt hat. Vor dem Krieg in der Ukraine reiste er regelmässig inkognito in die Schweiz. In Genf war in den letzten Jahren eine russisch-italienische Familie – eine Mutter und ihre beiden Söhne – sein Hauptaufenthaltsort, die Arzttermine in Privatkliniken organisierte oder ihn zum Skifahren mitnahm – ein Lieblingshobby.  

    • Laut Novaja Gaseta besitzt Patriarch Kyrill ein Chalet in der Schweiz, das ihm von einer Genfer Freundin geschenkt wurde.  

    • Die Fondation Orthodoxe du Patriarcat de Moscou zählt Michail Gundjajew, den Neffen von Patriarch Kyrill, zu ihren Mitgliedern, der auch in der Fondation du Forum Chrétien Mondial in Versoix tätig ist. 

    • In den 1990er Jahren wurde das undurchsichtige Geschäft der russisch-orthodoxen Kirche weitgehend über die Schweiz abgewickelt. 1998 wurde in Genf eine Untersuchung eingeleitet die sich mit Witali Kirillow befasste, dessen Unternehmen RAO MES, das Öl exportierte, zu 40% der Finanz- und Wirtschaftsabteilung des Patriarchats gehörte. Diese Ermittlungen wurden eingestellt, da keine Zusammenarbeit mit den russischen Behörden zustande kam.  

  • Leonid Michelson

    © Sasha Mordovets / Getty Images

    23,16 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in Grossbritannien, Kanada, Australien und der Ukraine. Er nahm am 24. Februar 2022 am Treffen der Unternehmer im Kreml teil. 

    Leonid Michelsons Karriere beweist, wie wichtig es ist, zur richtigen Zeit die richtigen Freunde zu haben. Der 1955 in Dagestan geborene zukünftige Oligarch stieg schon früh in das Gasgeschäft ein. Kaum hatte er seinen Universitätsabschluss in der Tasche, wurde er in den äussersten Norden der Sowjetunion geschickt, um am Bau einer Gaspipeline mitzuwirken. Ende der 1980er Jahre übernahm er von seinem Vater dann die Leitung eines Kollektivs, das für den Bau einer Gaspipeline verantwortlich war. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR gelang es ihm, das Kollektiv zu privatisieren und in Novatek umzuwandeln, einen der wenigen russischen Gasversorger in Privatbesitz. Um einen solchen Erfolg zu erzielen, braucht es starke Unterstützer. Michelsons Partner bei Novatek war damals der Vizegouverneur der Jamal-Region, in der das Unternehmen seine Aktivitäten konzentriert.  

    2008 hatte Michelson eine entscheidende Begegnung mit Gennadi Timtschenko, dem alten Freund Wladimir Putins aus Sankt Petersburg. Timtschenko kaufte 5% von Novatek und machte ihn zudem mit Alexej Miller bekannt, dem Vorstandsvorsitzenden von Gazprom, ebenfalls ein treuer Freund Putins. Von da an standen Novatek nicht nur die eigenen Vorkommen zur Verfügung, sondern auch Gas von Gazprom zu reduzierten Preisen. 2010 kauft Michelson 50% des russischen Petrochemiegiganten Sibur und 2017 ein weiteres Aktienpaket, das von Kirill Schamalow, dem Ex-Mann von Wladimir Putins Tochter Katerina Tichonowa, verkauft wurde. Um den Kauf zu finanzieren, wandte sich der Milliardär, mit Timtschenkos wertvoller Empfehlung, an die Gazprombank (die Bank des staatlichen Gasriesen). Heute sind die beiden Männer Partner bei Novatek (mit jeweils 24,8% und 23,5%) und Sibur (mit 30,6% und 14,45%). Im Jahr 2019 wurde Michelson zum reichsten Mann Russlands. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Der Börsengang von Novatek im Jahr 2011 wurde von UBS und der US-amerikanischen Bank Morgan Stanley orchestriert. 

    • Sibur Investments AG, die Investmentgesellschaft für den Ölkonzern Sibur, ist in Baar ZG registriert.  

    • Im Jahr 2010 erwarb Michelson 50% der Anteile an Sibur über eine in der Schweiz registrierte Gesellschaft namens Miracle, an der er über seine Briefkastenfirma Dellawood Holdings Ltd. auf den Bahamas wirtschaftlich berechtigt war (Angaben im Audit von Sibur aus dem Jahr 2011). 

    • 2021 wurde Mark Gyetvay, der Finanzvorstand von Novatek zwischen 2005 und 2016, von der US-Justiz festgenommen. Ihm wird Steuerhinterziehung in Höhe von 93 Millionen US-Dollar vorgeworfen; eine Summe, die er auf Schweizer Bankkonten versteckt haben soll. 

  • Oleg Deripaska

    © Jolanda Flubacher / WEF

    1,58 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der EU, der Schweiz, den USA, Grossbritannien, Australien, Kanada und der Ukraine.  

    Trotz der starken Auswirkungen der Sanktionen auf sein Vermögen ist Oleg Deripaska ein Schwergewicht unter den russischen Oligarchen und auch eine der prominentesten Figuren in dieser Kaste, die normalerweise lieber im Schatten als im Licht steht. Er wurde 1968 in Dzerzhinsk bei Moskau geboren und ist der Gründer von Rusal, dem heute grössten Aluminiumhersteller der Welt. Der Gigant entstand 2006 durch die Fusion von Rusal, Sual (damals im Besitz von Wiktor Wekselberg) und den Aluminium-Aktiva von Glencore.  

    2018 wurde Deripaska von den USA wegen seiner Nähe zum Kreml mit Sanktionen belegt. Der Milliardär hatte sich damals mit dem US-Finanzministerium darauf geeinigt, dass die Sanktionen gegen seine Hauptholding EN+ abgemildert werden. Er stimmte zu, seinen Anteil von 70% auf 45% zu reduzieren, wobei die Differenz von der russischen Staatsbank VTB und einer wohltätigen Stiftung gehalten wurde. Die US-Behörden hegten grosse Zweifel daran, dass der Oligarch wirklich auf die effektive Kontrolle über sein Vermögen verzichtet hatte. 

    Dieser hatte noch ganz andere Episoden erlebt. Im Jahr 2006 annullierten die USA sein Visum. Im Jahr 2007 wurde er in einem Prozess gegen zwei Mitglieder der russischen kriminellen Organisation Izmailovo als Unterstützer dieser Mafia dargestellt. Im Jahr 2010 wurde er von der spanischen Justiz wegen des Verdachts auf Geldwäsche angehört

    Ende 2021 ergab eine Untersuchung des Antikorruptionsfonds von Alexei Nawalny, dass Oleg Deripaska jahrelang die geheime Familie des russischen Aussenministers Sergei Lawrow finanziert hatte. Lawrows heimliche Geliebte nutzte regelmässig die Villen, Jets und Jachten des Oligarchen. Im Gegenzug intervenierte der Minister zugunsten von Deripaskas Geschäften weltweit. Er soll sogar versucht haben, das Visaverbot in den USA zu kippen. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Deripaska hält über Rasperia Trading Limited 27,8% der österreichischen Baufirma Strabag SE, die wiederum Eigentümerin von Strabag Schweiz ist.  

    • In den letzten Jahren hat Strabag in der Schweiz mehrere öffentliche Bauaufträge erhalten, wie etwa die Renovierung des Bahnhofs von Winterthur. Nach der russischen Invasion in der Ukraine kündigte die Strabag SE ihre Absicht an, sich von dem Oligarchen zu distanzieren.  

    • Seit dem Deal mit dem US-Finanzministerium (siehe oben) spielt Glencore eine Schlüsselrolle bei der Verwaltung von Deripaskas Vermögenswerten: Der Oligarch behielt 35 % der Stimmrechte an EN+, während Glencore 10,55% und die staatliche russische Bank VTB 7,35% halten. 

    • Rusal Products GmbH, der Handelsarm des Konzerns, befindet sich in Zug, ebenso wie die Rusal Marketing GmbH

  • Pjotr Awen

    © Alfa Bank Russia

    4,93 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der EU, der Schweiz, in Grossbritannien, Kanada, Australien und der Ukraine. Anwesend beim Treffen der Oligarchen mit Wladimir Putin am 24. Februar im Kreml.  

    Pjotr Awen, 1955 in Moskau geboren, ist ausgebildeter Mathematiker und startete seine Karriere als Minister. Als Befürworter des Übergangs zur Marktwirtschaft übernahm er 1992 die Leitung des neu gegründeten Ministeriums für Aussenhandel und baute sich so ein grosses Netzwerk unter den Unternehmern des Landes auf. 1994 wurde er Mehrheitsaktionär der Alpha Bank, die ein Jahr zuvor von seinem Geschäftspartner Michail Fridman gegründet worden war. Die beiden Männer werden sich nie mehr trennen. Ihre Bank wird zum grössten privaten Institut des Landes und 2013 registrieren sie in Luxemburg LetterOne Holdings, eine Investmentgruppe mit Büros in London, die Beteiligungen im Wert von 23 Milliarden US-Dollar in den Bereichen Energie, Telekommunikation, Gesundheit und Detailhandel hält. Heute sind ihre Vermögenswerte in dem Fonds eingefroren und sie erhalten keine Dividenden.  

    Pjotr Awens ausgezeichnete Beziehungen zu Wladimir Putin reichen bis in die 1990er-Jahre zurück. Als Leiter des Ausschusses für Aussenbeziehungen der Stadtverwaltung von Sankt Petersburg war der zukünftige Präsident Putin in eine peinliche Affäre verwickelt. Ein Untersuchungsausschuss des Kommunalparlaments beschuldigte ihn der Veruntreuung von Geldern im Rahmen einer grossen Tauschaktion, welche die Stadt, die damals unter grosser Knappheit litt, mit Lebensmitteln versorgen sollte. Sankt Petersburg sollte Ölprodukte und Metalle exportieren und im Gegenzug Lebensmittel erhalten; diese kamen jedoch nur in geringen Mengen an. Pjotr Awen, der damalige Aussenhandelsminister, kam Putin zu Hilfe, und so blieben die Ermittlungen wegen Veruntreuung erfolglos. Awen ist ein grosser Sammler von Malern der russischen Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts und ein enger Vertrauter von Igor Setschin, dem allmächtigen Chef des Ölgiganten Rosneft.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Awen hält über LetterOne Anteile an Wintershall Dea, einem deutschen Energiekonzern mit einer Niederlassung in Zug – Wintershall Dea Schweiz AG (ehemalige Wintershall Oil AG) –und sollte mit einer Milliarde Euro die Gaspipeline Nord Stream 2 finanzieren, ein Projekt, das Anfang März im Zuge des russischen Kriegs in der Ukraine aufgegeben wurde.  

    • Der Milliardär besass angeblich eine luxuriöse Wohnung auf einem Golfplatz mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Berner Oberlandes. Diese Immobilie wurde laut verschiedenen Medien Ende März als Folge der Sanktionen gesperrt. 

  • Roman Abramowitsch

    © Marina Lystseva / Wikimedia

    13,48 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Kanada und Australien. 

    Der 1966 in Saratow geborene Roman Abramowitsch, Besitzer des Fussballvereins Chelsea in London bis zum Verkauf Ende April 2022 an den Schweizer Hansjörg Wyss, ist eine der Schlüsselfiguren der russischen Elite der 1990er Jahre und innerhalb und ausserhalb des Landes gleichermassen bekannt. Er gehört zu jener kleinen Gruppe von Oligarchen, die 1996 die Wiederwahl des damals kranken und alkoholabhängigen Präsidenten Boris Jelzin finanzierten. Zu dieser Zeit versteigerte der russische Staat, der kurz vor dem Bankrott stand, seine Anteile an den lukrativsten Unternehmen des Landes im Austausch für Kredite. So kam es, dass Abramowitsch in das Kapital des Ölunternehmens Sibneft einstieg. Im Jahr 2005 wurde Sibneft an Gazprom (später Gazpromneft) verkauft, was dem Oligarchen 13 Milliarden US-Dollar einbrachte. Auf der Grundlage dieses Vermögens konnte der Stahlriese Evraz, an dem Abramowitsch damals 57,5% hielt, weiter florieren. 

    Um seinen Status als Oligarch zu behalten, musste Abramowitsch (der den russischen, israelischen und portugiesischen Pass besitzt) zu den politischen Projekten von Wladimir Putin beitragen. Als er im Jahr 2000 zum Gouverneur von Tschukotka gewählt wurde, musste er Milliarden von Rubeln in diese sehr arme Region im äussersten Nordosten Russlands investieren. Zwar mangelt es dem Milliardär nicht an Liquidität, da er damals Highland Gold kontrollierte, einen der grossen Goldproduzenten mit Minen in Tschukotka, der 2020 für 1,4 Milliarden US-Dollar verkauft wurde. Abramowitsch investierte auch eine Milliarde Dollar in Skolkowo, das Vorzeigeprojekt des russischen Silicon Valley, das damals vom damaligen Präsidenten Dmitri Medwedew gefördert wurde. Bis 2019 war der Milliardär ausserdem gemeinsam mit dem russischen Staat Eigentümer des Fernsehsenders Perviy Kanal, dem wichtigsten Propagandaapparat des Kremls. Seine Verbindungen zur Staatsmacht sind zahlreich und gut dokumentiert.  

    2019 verkauft Abramowitsch im Vorgriff auf mögliche Sanktionen einen Teil seiner Evraz-Anteile, um seine Beteiligung auf unter 50% zu senken. Heute versucht er, seinen Ruf zu retten, indem er an den Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland teilnimmt

    Verbindungen zur Schweiz 

    • East Metals AG, der Handelsarm der Evraz Group, hat ihren Sitz in Zug. Nach Informationen von Public Eye handelt die East Metals AG grosse Mengen für Evraz, insbesondere Palladium. Im Jahr 2020 startete Evraz in Zug ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für die Verwendung des seltenen Metalls Vanadium. 

    • Die Geschäftsführerin der East Metals AG, Margaryta Zvyezda, ist auch Mitglied des Vorstands der Zug Commodity Association, der lokalen Händlerlobby.  

    • Eine Untersuchung der New York Times ergab, dass die Credit Suisse Geschäftsbeziehungen zu einer der Investmentgesellschaften des Oligarchen, Concord Management, unterhielt und diese bei US-amerikanischen Hedgefonds einführte, wobei sie versuchte, die wahre Herkunft der Gelder zu verschleiern. 

    • Sein Antrag auf einen Wohnsitz in Verbier wurde 2018 von der Bundespolizei abgelehnt, die auf eine Gefahr für die Sicherheit und den Ruf der Schweiz hinwies und mutmassliche Geldwäsche und Kontakte zu kriminellen Organisationen anführte

    • Während der 1990er Jahre nutzte Sibneft (die spätere Ölsparte von Gazprom) die Schweiz bereits für den Ölhandel mit seiner in Freiburg registrierten Firma Runicom AG, deren Eigentümer Abramowitsch war. Im Jahr 2018 wurde eine Rückzahlungsforderung von der Europäischen Entwicklungsbank gegen Runicom vor ein Freiburger Gericht gebracht, aber schliesslich in einem aussergerichtlichen Vergleich beigelegt

  • Suleyman Kerimov

    © Wikimedia

    14,69 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in den USA, der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Australien, Kanada, Japan und der Ukraine. Anwesend beim Treffen mit Wladimir Putin im Kreml am 24. Februar 2022. 

    Der 57-jährige Suleiman Kerimow, der 2006 einen schweren Unfall mit seinem Ferrari an der Côte d'Azur überlebte, wird oft als «reichster hoher Beamter Russlands» bezeichnet. Seit 2008 ist er Senator im Föderationsrat (dem Oberhaus des russischen Parlaments) in der Fraktion Einiges Russland (der politischen Partei Putins) und vertritt dort Dagestan, die kaukasische Republik, aus der er stammt. Offiziell hat sich Kerimow heute aus dem Geschäftsleben zurückgezogen.  

    Mitte der 2000er Jahre besass er 4,5% des Riesenkonzerns Gazprom, 6% der Sberbank und 25 % des Riesenkonzerns Uralkali (Kaliproduzent), die er von Dmitry Rybolovlev, einem ehemals in Genf ansässigen Oligarchen, aufgekauft hatte. Alle diese Beteiligungen wurden verkauft. Seine Familie – darunter sein Sohn Said, der am 22. April 2022 unter Schweizer Sanktionen gestellt wurde – kontrolliert 763 % des grössten russischen Goldproduzenten Polyus sowie den Flughafen von Dagestans Hauptstadt Machatschkala. 

    2017 wurde Kerimow am Flughafen von Nizza beim Ausstieg aus seinem Privatjet festgenommen und wegen Geldwäsche und Beihilfe zu schwerer Steuerhinterziehung angeklagt. Die französische Justiz verdächtigt ihn, mehrere Luxusvillen am Cap d'Antibes über Briefkastenfirmen erworben zu haben, die von einer Schweizer Aktiengesellschaft kontrolliert werden: der Luzerner Swiru Holding. Seine Verantwortung konnte nicht bewiesen werden und der Fall endete 2020 mit der Unterzeichnung einer gerichtlichen Vereinbarung von öffentlichem Interesse (CJIP) in der die Schweizer Gesellschaft zustimmte, eine Geldstrafe von 1,4 Millionen Euro zusätzlich zu einer Steuerberichtigung von 10,3 Millionen Euro zu zahlen.  

    Seit 2011 ist Kerimow Eigentümer des Fussballvereins FK Anzhi Machatschkala in Dagestan. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Seine Wohltätigkeitsstiftung, die Suleyman Kerimov Foundation, wurde 2007 in Luzern registriert und 2019 in Human Diversity Foundation umbenannt. Seine alte Website ist verschwunden und mit ihr die Jahresberichte, in denen die bis 2016 getätigten Spenden detailliert aufgeführt waren. Die Stiftung ist seit April 2022 in Liquidation.

    • 2013 hatte Kerimov angekündigt, dass er sein Vermögen innerhalb seiner Schweizer Stiftung übertragen hatte. Dank dieser philanthropischen Geste, über die in der russischen Presse berichtet wurde, konnte der Oligarch seinen Posten als Senator behalten, da er sich an ein neues Gesetz hielt, das es gewählten Vertretern und Beamten verbietet, über Vermögen im Ausland zu verfügen. 

    • Die Jahresberichte der Suleiman Kerimow Foundation, die Public Eye vorliegen, zeigen, dass diese Schweizer Struktur zwischen 2007 und 2016 die gigantische Summe von 464,2 Millionen Franken verteilt hat, hauptsächlich für Projekte in Russland: den Bau von Schulen und 6 Moscheen und für medizinische Programme. Es ist schwierig bis unmöglich zu überprüfen, ob diese Summen tatsächlich in die angekündigten Projekte geflossen sind. In der Schweiz wurden nur einige Millionen Franken gespendet, die vor allem dem Zurich Film Festival zugutekamen. 

    • Der Präsident der Stiftung, der Schweizer Geschäftsmann Alexander Studhalter, ist auch der Direktor der Firma Swiru Holding, die von der französischen Justiz angeklagt wurde. Diese in Luzern ansässige Struktur wurde 2021 in Alstone Investment AG umbenannt. Der Luzerner Studhalter ist laut einer aktuellen Untersuchung der BBC der Hauptorganisator des Offshore-Imperiums des Oligarchen Kerimow. 

  • Wagit Alekperow

    © Dmitry Beliakov/ Bloomberg via Getty Images

    23,16 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in Grossbritannien, Australien und in der Ukraine. Anwesend bei einem Treffen mit Wladimir Putin im Kreml am 24. Februar 2022. 

    Wagit Alekperow, wurde 1950 im aserbaidschanischen Baku geboren und war zu Zeiten der UdSSR stellvertretender Ölminister. Er ist der Hauptaktionär von Lukoil, dem grössten privaten Mineralölkonzern in Russland. Dank seiner Verbindungen zu Präsident Boris Jelzin stieg er Anfang der 1990er Jahre in das Kapital des künftigen Giganten ein, der auf der Grundlage von drei privatisierten Ölfeldern in der zentralrussischen Region Chanty-Mansijsk gegründet wurde. Dieses Imperium verschlang später weitere Vermögenswerte in Sibirien, im Ural und in der Wolgaregion und etablierte sich als einziges unabhängiges Unternehmen, das mit dem staatlichen Riesen Rosneft konkurrieren konnte. Lukoil, das an der Börse notiert ist, beschäftigt 100’000 Menschen.  

    Im Gegensatz zu dem Ölmagnaten Michail Chodorkowski, der politische Ambitionen hatte, blieb der Mann, welcher «der General» genannt wird, immer auf seinem Posten. Alekperow respektierte perfekt die von Wladimir Putin auferlegte Machtvertikale. Die unabhängige russische Presse berichtet, dass er 2016 über eine Scheinfirma 36 Hektar Weinberge auf der Krim erwarb, die zwei Jahre zuvor von Russland annektiert worden war.  

    2013 vermachte der Ölmagnat und leidenschaftliche Sammler alter Münzen seinen Anteil von 28,3% an Lukoil seinem Sohn Yusuf unter der Bedingung, dass dieser die Beteiligung nicht verkaufen oder aufteilen durfte. Im Jahr 2020 brachte Lukoil der Familie Alekperow Dividenden in Höhe von 1,1 Milliarden US-Dollar ein.  

    Nach den Sanktionen trat Alekperow von seinen Ämtern als Vorsitzender und Vorstandsmitglied von Lukoil zurück. 

    Verbindungen zur Schweiz  

    • Der Handelsarm des Riesen Lukoil, Litasco SA, wurde im Jahr 2000 in Genf registriert. Litasco handelt in über 80 Ländern, verkauft 3,8 Millionen Barrel pro Tag und steht damit laut der Forbes-Liste 2020 an zweiter Stelle der grössten Käufer von russischem Öl. 

    • Im Jahr 2017 hatte Alekperow erklärt, die Schweizer Tochtergesellschaft verkaufen zu wollen. Reuters erklärte, dass dieses (nie umgesetzte) Vorhaben mit den US-Sanktionen zusammenhing, die nach der Annexion der Krim durch Russland verhängt worden waren und die die Finanzierung von Ölgeschäften in Dollar erschwerten.  

  • Wassily Anisimow

    © Wikimedia

    1,58 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Keine Sanktionen. 

    Der 1951 im heutigen Kasachstan geborene Wassili Anisimow gehört zu denjenigen Oligarchen, die ihr erstes Vermögen damit machten, auf dem Weltmarkt Rohstoffe zu verkaufen, die sie dank ihrer privilegierten Kontakte von staatlichen Unternehmen zu reduzierten Preisen erhalten hatten. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR gründete er Trustconsult, ein Unternehmen, das auf den Handel mit Aluminium und den Aufkauf von Giessereien spezialisiert war. 1994 wurden diese Vermögenswerte in Coalco zusammengefasst (das Unternehmen wurde im selben Jahr in Zug eingetragen). Sechs Jahre später wurde diese Struktur nach einem Konflikt mit dem Ölmagnaten Michail Chodorkowski an die Renova Group von Wiktor Wekselberg weiterverkauft. 

    Der Erlös aus diesem Verkauf wurde zum Teil in den Riesen Metalloinvest investiert, dessen Hauptaktionäre Alischer Usmanov und Wladimir Skotsch sind. Der Oligarch stieg auch ins Immobiliengeschäft ein, mit einer Firma (ebenfalls Coalco genannt), die 20’000 Hektar Land im Grossraum Moskau verwaltete, unter anderem im Dorf Akulinino, wo Wladimir Jakunin und Arkadi Rotenberg wohnten, beides enge Vertraute von Wladimir Putin. 

    2010 wurde Anisimow Präsident des russischen Judoverbands. Für diese Sportart hatte er sich zuvor nie interessiert. Die Tatsache, dass Wladimir Putin ein grosser Judofan ist, könnte ihn möglicherweise dazu bewogen haben, diese Rolle zu übernehmen. Ebenso wie die Tatsache, dass Arkadi Rotenberg der Vizepräsident des Verbandes ist. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Ab 2007 hatte Anisimow seinen Wohnsitz im Kanton Zürich, obwohl er zu dieser Zeit die meiste Zeit in Russland und den USA verbrachte. Damals baute er eine luxuriöse Villa in Küsnacht.  

    • Seine Ex-Frau Ekaterina ist nach wie vor in Küsnacht wohnhaft. Sie erwirkte einen Gerichtsbeschluss, der das Fotografieren des Anwesens verbietet. Im März 2022 soll sich Putins Geliebte Alina Kabajewa mit ihren vier Kindern dort aufgehalten haben, wie die Onlinezeitung Republik, berichtet, die den Gerüchten nachgegangen ist.  

    • Der Milliardär lebt heute, zumindest offiziell, im Kanton Schwyz. Er war dorthin gezogen, nachdem 2010 die Pauschalbesteuerung im Kanton Zürich abgeschafft worden war.  

    • Ekaterina Anisimova ist Präsidentin einer Stiftung in Zürich, der World & Education Foundation, deren Ziel die «Förderung der Chancengleichheit für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, insbesondere aus Einwandererfamilien, von Paaren mit verschiedenen Nationalitäten oder mit Migrationshintergrund» ist. Es sind keine weiteren Informationen über die Aktivitäten der Stiftung verfügbar. 

    • In Zug haben Anisimows Aktivitäten Spuren hinterlassen: 13 Tochtergesellschaften von Coalco sind dort registriert, die sich alle in Liquidation befinden (die jüngste wurde im Mai 2021 geschlossen). 

  • Wiktor Raschnikow & Töchter

    © Wikimedia

    10,42 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der EU, der Schweiz, Grossbritannien, Australien und in der Ukraine. 

    Wiktor Raschnikow wurde 1948 im Ural geboren und arbeitete sich im Magnitogorsker Metallurgiekombinat (MMK) hoch, an dem er heute 79,76% der Aktien hält. Zwischen 1967 und 1997 schaffte er es vom Mechaniker zum Generaldirektor. Als das Unternehmen, das der Stolz der UdSSR war, dann privatisiert wurde, setzte sich Raschnikow als Hauptaktionär durch, dank starker politischer Unterstützung in Moskau – und einigen fiesen Tricks, mit denen die Minderheitsaktionäre geschädigt wurden.  

    Seit den Präsidentschaftswahlen 2000 unterstützte der Milliardär aktiv die Kandidatur von Wladimir Putin. Neben seinen Geschäften ist er seit mehreren Jahrzehnten Abgeordneter im Parlament der Region Tscheljabinsk, deren starker Mann er ist. In den Jahren 2003 und 2007 liess er sich für die Partei Einiges Russland in die Staatsduma (das Unterhaus des Parlaments) wählen, verzichtete schliesslich auf seine Mandate und verhalf der Putin-freundlichen Partei damit zu einem Sitzgewinn.  

    Der Metaller ist bei Putin sehr beliebt, der ihn regelmässig im Kreml empfängt und selbst regelmässig zum Skifahren in das Freizeitzentrum von MMK fährt.  

    Auf dem Höhepunkt seiner Macht bereitete Raschnikow seine Nachfolge vor. Im Jahr 2012 holte er seine jüngere Tochter in den Vorstand von MMK, während seine Erstgeborene damit beschäftigt ist, die Produkte des extrem umweltschädlichen Magnitogorsk-Kombinats von der Schweiz aus zu vermarkten.  

    Am 3. März 2022, zwölf Tage vor der Verhängung von Sanktionen durch die Europäische Union, wurde die Aktionärsstruktur von MMK geändert. Wiktor Raschnikow übertrug 79,76% der Aktien, die er über die zypriotische Mintha Holding Limited hielt, an Altair LLC, eine in Magnitogorsk registrierte Firma. Dies sei eine Möglichkeit, seine Vermögenswerte zu schützen, so die russischen Medien.  

    MMK exportiert etwa 8% der Produktion nach Europa und in die USA, einziger Vermögenswert ausserhalb Russlands ist eine Fabrik in der Türkei.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Der Handelsarm des Stahlriesen, MMK Trading AG, liess sich 2002 in Zug nieder. Diese Tochtergesellschaft wird von Tatiana Rakhno, der ältesten Tochter des Oligarchen, geleitet. Über diese Firma exportiert die Muttergesellschaft einen grossen Teil ihrer Produktion.  

    • Im Jahr 2020 wurden laut internen Dokumenten, die von Public Eye eingesehen wurden, zwei Verträge im Wert von 2,4 Milliarden US-Dollar und zwei weitere im Wert von 480 Millionen Euro zwischen der MMK Trading AG und der MMK-Muttergesellschaft unterzeichnet. Sie umfassen die Lieferung von mehr als 10 Millionen Tonnen metallurgischer Produkte bis Juni 2023.  

    • Tatiana Rakhno, die in der Schweiz ansässig ist, ist auch Vorstandsvorsitzende der Uniprom AG, die 2011 in Zug registriert wurde.  

    • Eine weitere Tochtergesellschaft der Gruppe des Oligarchen, MMK Steel Trade AG, ist in Lugano präsent. Im Jahr 2020 wurden zwischen dieser Einheit und MMK zwei Verträge im Wert von 540 Mio. USD und 480 Mio. EUR über die Lieferung von 2,65 Mio. Tonnen metallurgischer Produkte bis Juni 2023 unterzeichnet.  

    • Olga Raschnikova, die jüngere Tochter, ist seit 2012 Mitglied des MMK-Vorstands. Sie absolvierte ihre Sekundarschule an der Franklin University Switzerland (FUS) in Lugano.  

  • Wiktor Wekselberg

    © Wikimedia

    8,37 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in den USA, Grossbritannien, Kanada, Australien, Japan und der Ukraine. 

    Wiktor Wekselberg wurde 1957 in der Ukraine in der Region Lviv geboren. Er begann seine Karriere in der Aluminiumbranche, wo er mit Oleg Deripaska, zusammenarbeitete, bevor er 1997 mit der Übernahme der Ölgesellschaft Tyumen Oil Company (TNK) ins Ölgeschäft einstieg. Die Allianz mit British Petroleum ermöglichte es ihm, dieses Vermögen zu vermehren, das 2013 für 55 Milliarden US-Dollar an den staatlichen Giganten Rosneft weiterverkauft wurde, woran der Oligarch 7 Milliarden verdiente – ein Beweis für seine guten Beziehungen zum Putin-Regime. 

    Wekselberg steht heute an der Spitze der Renova Group, einem Konglomerat mit Interessen in den Bereichen Öl, Metalle und Telekommunikation.  

    Im Jahr 2010 engagiert er sich auf Wunsch von Dmitri Medwedew, der damals Präsident war, in der Skolkowo-Stiftung, einem Projekt das ein russisches Silicon Valley schaffen sollte, das ein Jahr zuvor ins Leben gerufen worden war. Sein Vermögen ermöglichte es ihm, die weltweit grösste Sammlung von Fabergé-Eiern zu erwerben und sich einen zypriotischen Pass zu kaufen – alles über die Lamesa Group Inc., eine weitere Holdinggesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln, die auch Wekselbergs Anteile an der Schweizer Immobiliengesellschaft Züblin hält.  

    Wekselberg kennt sich mit undurchsichtigen Konstruktionen aus. Nachdem er bereits 2018 von den USA wegen seiner Nähe zur Staatsmacht sanktioniert worden war, entwarf er eine Strategie, um diesen zu entgehen. Seine Renova Group teilte er in drei Briefkastenfirmen auf: Liwet, Witel und Tiwel, die alle an derselben Adresse in Zürich domiziliert sind. Wiktor Wekselberg ist jeweils nur zu einer Minderheit an diesen drei Unternehmen beteiligt, also mit weniger als 50% Aktienanteil (bei einem Anteil von 50% und mehr wären die Unternehmen von den Sanktionen betroffen). 

    Diese Strategie scheint jedoch nur mässig erfolgreich zu sein: Ende 2020 gab der Oligarch zu, dass 1,5 Milliarden US-Dollar auf Schweizer Konten gesperrt waren. Im Dezember 2018 hatte PostFinance beschlossen, zwei Konten von Herrn Wekselberg aufgrund der US-Sanktionen zu schliessen. Im Februar 2022, drei Wochen vor der russischen Invasion in der Ukraine, entschied das Schweizer Bundesgericht zugunsten einer von Wekselberg eingereichten Klage gegen die Schliessung der Konten. 

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Wiktor Wekselberg hält Anteile an dem Industrieunternehmen Sulzer (48,8%), dem Hersteller von Präzisionswerkzeugen Medmix (40,5%), dem Technologiekonglomerat OC Oerlikon (41,4%), dem Metallunternehmen Swiss Steel Group (16,6%, zuvor Schmolz + Bickenbach) sowie der Immobiliengesellschaft Züblin Immobilien Holding (41,7%). 

    • Das Einfrieren von Vermögenswerten infolge der von den USA verhängten Sanktionen zeigte, dass Wekselberg zu den Grosskunden von Credit Suisse, UBS und Julius Bär gehörte. 

    • Trotz der Neuordnung des Kapitals von Renova nach den 2018 verhängten Sanktionen sind Wekselbergs Holdinggesellschaften weiterhin in Zürich verwurzelt: Die Liwet Holding AG, Witel AG und Tiwel Holding AG haben die Aufgaben der Renova Management AG übernommen. Eine weitere unter derselben Adresse registrierte Gesellschaft, die Elwit Holding AG, wurde 2017 gegründet, um die von Wekselberg gekauften Anteile an Schmolz + Bickenbach zu halten.  

    • Wiktor Wekselberg ist in Zug wohnhaft, wohin er zog, als Zürich – sein vorheriger Wohnort – die Pauschalbesteuerung abschaffte. Die Behörden in beiden Kantonen vermuteten, dass es sich dabei nur um einen Scheinwohnsitz handelte. 

  • Wjatscheslaw Mosche Kantor

    © Wikimedia

    4,18 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in der EU, der Schweiz, Grossbritannien und der Ukraine.  

    Wjatscheslaw Kantor wurde 1953 in Moskau geboren und besitzt die russische, israelische und britische Staatsbürgerschaft. Wie viele Geschäftsleute begann er mit dem Verkauf von Computern und stieg dann in den 1990er Jahren zum mächtigsten Oligarchen im russischen Agrochemiesektor auf. Dank seiner guten Kontakte in Moskau und zum örtlichen Gouverneur übernahm er die Kontrolle über eine der grössten Mineraldüngerfabriken in Weliki Nowgorod. Auf dieser Grundlage gründete er den Akron-Konzern, an dem er 94,2% der Anteile hält. Das Unternehmen gehört zu den zehn grössten Düngemittelherstellern der Welt. 

    Heute stellt der schwerreiche Geschäftsmann, der die meiste Zeit in London lebt, mit Vorliebe seine sozio-kulturellen Aktivitäten in den Vordergrund. Über den European Jewish Fund setzt sich Kantor für die Stärkung der jüdischen Kultur und Tradition sowie für die Bekämpfung des Antisemitismus ein. Nachdem er im April 2022 unter Sanktionen gestellt wurde trat er von seinem Amt als Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses zurück, das er seit 2007 innehatte. 

    In Moskau schuf er das Museum für Avantgarde-Kunst (MAGMA) auf der Grundlage seiner ausserordentlichen Kunstsammlung, von der ein Teil 2009 in Genf im Palais des Nations ausgestellt war.  

    Obwohl Kantor nicht zum inneren Zirkel der Putinschen Oligarchen gehörte, war er dem Regime stets treu ergeben. Im Januar 2017 verlieh ihm der Präsident «in Anerkennung seiner beruflichen Leistungen und seiner langjährigen ehrlichen Arbeit» den Ehrenorden.  

    Verbindungen zur Schweiz  

    • Wjatscheslaw Kantor lebte von 1993 bis 2017 mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in der Schweiz.  

    • Laut dem Genfer Grundbuch besitzt er in Cologny immer noch ein grosses Anwesen am Chemin de Ruth, das damals für einigen Wirbel gesorgt hatte. Sein Nachbar Klaus Schwab, der grosse Chef des Weltwirtschaftsforums in Davos, hatte sich vergeblich gegen Bauarbeiten gewaltigen Aussmasses gewehrt: den Bau einer Villa (mit Innenpool, Tiefgarage und Zugangstunnel zum Garten) und einer Kunstgalerie (von 405 m²).  

    • Von 1994 bis 2009 agierte die Genfer Firma Fimochim SA für seinen Akron-Konzern.  

    • Sein Sohn Wladimir, der das Unternehmen Akron mitleitet, besuchte die École Internationale de Genève und anschliessend die École hôtelière de Lausanne. Nach Abschluss seines Studiums absolvierte er ein Praktikum bei Credit Suisse. 

  • Wladimir Lissin

    © Sasha Mordovets / Getty Images

    24,37 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in Australien und der Ukraine. Auf der CAATSA-Liste in den USA. 

    Der 1956 in Iwanowo geborene Stahlbaron Wladimir Lissin – von Liss, was auf Russisch Fuchs bedeutet – ist einer der diskretesten Männer seiner Generation. In seiner offiziellen Biografie wird betont, dass er mit einem unerschütterlichen Willen ausgestattet war und ganz unten als Facharbeiter im Metallurgiewerk von Tula begann. Als stellvertretender Direktor des Hüttenwerks Karaganda arbeitete er unter Oleg Soskowets, der 1993 zum einflussreichen stellvertretenden Ministerpräsidenten von Boris Jelzin wurde. 

    Lissin, der im selben Jahr nach Moskau kam, gehörte zum Team der TransWorld Group (TWG). Deren Eigentümer, die berüchtigten Brüder Lew und Michail Tschernoi, die der Verbindungen zum organisierten Verbrechen verdächtigt wurden, genossen ebenfalls den Schutz von Minister Soskowets. Die TWG kontrollierte über ein gigantisches Netzwerk von Offshore-Firmen die wichtigsten Metallfabriken des Landes und löste damit eine Reihe von Abrechnungen und Morden aus. Zwei weitere zukünftige Milliardäre, Iskander Machmudow et Oleg Deripaska, verdienten sich hier ihre Sporen. Das Tschernoi-Imperium wurde schliesslich zerschlagen. Wladimir Lissin nutzte die Gelegenheit, um die Kontrolle über einen wichtigen Teil des Unternehmens zu übernehmen: NLMK, das Nowolipetsker Metallurgiekombinat, an dem er heute 79% der Aktien hält.  

    Lissin ist ein grosser Liebhaber kubanischer Zigarren und der Jagd. Er ist Vorsitzender der International Sport Shooting Federation (ISSF), mit Sitz in Lausanne und des Russischen Schützenverbands. Er hat nie irgendwelche Vorbehalte gegenüber dem Kreml geäussert, und diejenigen, die ihm begegnet sind, wissen um seine Bewunderung für Putin. Der Präsident hat mehrmals in dem grossen Tontaubenschiesszentrum trainiert, das der Oligarch in Moskau eröffnet hat. Heute gibt er vor, sich von der Macht zu distanzieren. Er war einer der ersten Milliardäre, der den Krieg in der Ukraine als «enorme Tragödie» bezeichnete, die durch nichts zu rechtfertigen sei.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • In Lugano befindet sich NLMK Trading SA, der Handelsarm von NLMK, ehemals Novex Trading (Swiss) S.A.  

    • Wladimir Lissin reist seit drei Jahrzehnten regelmässig in die Schweiz, wo einer seiner Söhne am Collègue du Léman studierte. Unseren Informationen zufolge ist es Alain B., ein Genfer Anwalt, der einen Teil seines Vermögens zusammen mit einem in Zypern ansässigen Russen, Stanislav B., verwaltet. Hunderte Millionen Dollar sollen auf diese Weise in mehreren Privatinstituten am Finanzplatz angelegt worden sein. (Pictet, Lombard und Julius Bär). 

    • In Genf wurde eine Beratungsfirma für Vermögensverwaltung – Le Lac Assets Management Sàrl – von dem Genfer Anwalt  Alain B. registriert. 

    • Wie das Medienportal Gotham City kürzlich unter Berufung auf die Zeitung Corriere della Sera, berichtete, ist Wladimir Lissin über die Firma Fletcher Group Holdings, an der sein Sohn Juri einen kleinen Anteil (4,6%) hält, Aktionär von NLMK. Die Fletcher Group werde von einer luxemburgischen Firma namens Riskinvest Holding gehalten, deren wirtschaftlich Berechtigter laut Handelsregistereintrag ebenfalls der Genfer Rechtsanwalt Alain B. ist. 

  • Wladimir Potanin

    © www.kremlin.ru / Wikimedia

    25,11 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in Australien, Kanada und in der Ukraine. Anwesend beim Treffen mit Wladimir Putin am 24. Februar 2022.  

    Wladimir Potanin war zu Zeiten der UdSSR Mitglied der Kommunistischen Partei und Beamter im Aussenhandelsministerium. Mitte der 1990er Jahre schlüpfte er in den Anzug eines Bankers. Er war Mitbegründer der Unexim Bank und gehörte zu den Initiatoren des umstrittenen Programms «Kredite gegen Aktien». Der am Rande des Bankrotts stehende russische Staat nahm Kredite von Privatbanken auf und verpfändete dafür Anteile an den lukrativsten Staatsunternehmen des Landes, die schliesslich an die Oligarchen fielen. Potanin und seine Partner übernahmen Norilsk Nickel für umgerechnet 170 Millionen US-Dollar, obwohl der Nickel- und Palladiumgigant einen Umsatz von 3 Milliarden US-Dollar erzielte. Der Riese produziert heute weltweit etwa 5% des Nickels, das eine Schlüsselkomponente für Batterien von Elektrofahrzeugen ist, und etwa 40% des Palladiums, das in der Herstellung von Katalysatoren und Halbleitern Verwendung findet. 

    Seit Putins Amtsantritt im Jahr 2000 hält der Oligarch, der über seine Holding Interros 35% von Norilsk Nickel besitzt, dem Regime die Treue, indem er die Partei Einiges Russland finanziert. Er ist einer der Initiatoren und Geldgeber der Olympischen Winterspiele in Sotschi, dem Schaufenster des triumphalen Putinismus. Als Skiliebhaber scheute er sich nicht, 1,7 Milliarden US-Dollar zu investieren, um das Gebiet Rosa Khutor, das russische Pendant zum französischen Nokelskiort Courchevel, zu erschliessen. 

    Im Mai 2020, ereignete sich eine der schlimmsten Umweltkatastrophen in einer Wärmekraftanlage, die NTEK, der Energietochter von Norilsk, auf der Halbinsel Taimyr gehörte. Mehr als 21’000 Tonnen Diesel flossen in zwei Flüsse im hohen Norden Sibiriens und verschmutzen die äusserst empfindliche Umwelt der Tundra, in der indigene Völker leben, die sich zum Teil vom Fischfang und der Jagd ernähren. Im März 2021 zahlt Nornickel eine Rekordstrafe in Höhe von 147,8 Milliarden Rubel (1,9 Milliarden Schweizer Franken), die von der russischen Umweltaufsichtsbehörde verhängt wurde.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Metal Trade Overseas SA wurde 2002 in Zug registriert. Über diese Tochtergesellschaft verkauft Nornickel seine Produkte nach Europa, Asien, China und in die USA. Siehe unsere Recherche.  

    • Zwischen 2010 und 2012 führten Wladimir Potanin und sein verfeindeter Partner Oleg Deripaska über Schweizer Gerichte einen Streit um die Kontrolle von Norilsk Nickel.  

    • Norilsk Nickel investierte in die Schweizer Plattform Atomyze AG (Zug), die mithilfe der Blockchain-Technologie entwickelt wurde. Damit ist er der erste Industriekonzern, der seine Vermögenswerte in Form von Token anbietet.  

    • Mitte der 1990er Jahre hatte Wladimir Potanin das Kunststück vollbracht, in Genf eine Filiale seiner Bank Unexim, zu eröffnen, während Credit Suisse als erstes Institut das Recht erhielt, sich in Moskau niederzulassen. Potanin behielt aus dieser Zeit zahlreiche Kontakte in der Schweiz. 

  • Wladimir Jakunin

    © Alexander Zemlianichenko / Bloomberg

    10,23 Millionen Schweizer Franken (Forbes 2014), in Wirklichkeit viel mehr. Unter Sanktionen in den USA, Grossbritannien, Kanada, Australien und in der Ukraine. 

    Wladimir Jakunin wurde 1948 in Melenki geboren und ist einer der treuesten Unterstützer des Putin-Regimes. Nach einer Karriere als «Diplomat» in den USA zog sich der ehemalige KGB-Mitarbeiter nach dem Zusammenbruch der UdSSR nach Sankt Petersburg zurück. Er stieg in die Geschäftswelt ein und lernte den späteren Präsidenten kennen, der bei der Stadtverwaltung arbeitete. Er gehört zu jenem Kreis von Putins Vertrauten, die sich in der legendären Genossenschaft Ozero zusammenschlossen und sich Datschen in der Umgebung von Sankt Petersburg bauten. Alle wurden zu prominenten Persönlichkeiten und kamen zu grossem Reichtum.  

    Von 2005 bis 2015 herrschte Jakunin über die staatliche russische Eisenbahngesellschaft RZhD. Mehrere Untersuchungen des Antikorruptionsfonds von Alexei Navalny werfen ihm illegale Bereicherung und Veruntreuung über ein Netzwerk von Offshore-Firmen vor. Es wurden Details über seine unglaubliche Luxusdatscha (57 Millionen Dollar) veröffentlicht, die mit einem «Kühlschrank für Pelzmäntel» ausgestattet ist.  

    Der König der Eisenbahnen wurde schliesslich zum Rücktritt gezwungen. Seitdem widmet er sich der Förderung der russischen Aussenpolitik sowie moralischer und orthodoxer Werte. Er ist Mitbegründer eines Forschungsinstituts «Dialog der Zivilisationen», das 2016 in Berlin eröffnet wurde. Dieser Think-Tank wird als eines der wichtigsten Instrumente des Kremls zur Einflussnahme auf europäische Entscheidungsträger und rechtsextreme Parteien beschrieben.  

    Verbindungen zur Schweiz 

    • Neben London ist Genf einer der Rückzugsorte von Wladimir Jakunin und seiner Familie. 2013 liess er dort drei gemeinnützige Stiftungen mit klingenden Namen eintragen: die Fondation pour le Soutien aux Études Historiques et Culturelles - HICUS (2013), die von seiner Frau Natalia geleitet wird und der auch sein jüngster Sohn Wiktor angehört; ausserdem gibt es die Dotation pour le Forum Public Mondial - Dialogue des Civilisations - DofC und die Dotation pour la Fondation Saint-André. Alle sind in den Büros von Salamander Treuhand in Genf domiziliert.  

    • Dienste unter Freunden: Wie aus dem Grundbuch hervorgeht, verkauften Wiktor Jakunin und seine Frau Darina 2013 eine Immobilie in Cologny an Gennadi Timtschenko, den damaligen Miteigentümer des Handelsunternehmens Gunvor. Zu dieser Zeit arbeitete der Sohn des Königs der russischen Eisenbahnen bei Gunvor, bevor er nach St. Petersburg zog, wo «eine Zweigstelle speziell für ihn eröffnet» worden war, wie eine Quelle vertraulich mitteilte.  

    • Im Handelsregister erscheint Wladimir Jakunin zwischen 2002 und 2004 als Geschäftsführer der Transrail Holding AG, mit Sitz in St. Gallen. 

  • Xenia Frank-Timtschenko und Gleb Frank

    © Timtchenko Foundation

    6,83 Milliarden Schweizer Franken (Forbes 2021). Unter Sanktionen in den USA und in der Ukraine. 

    Xenia Timtschenko wurde 1985 geboren und ist die jüngste Tochter von Gennadi Timtschenko. Sie hat einen Abschluss von der Universität Edinburgh und einen MBA der französischen Eliteschmiede Insead. Sie ist eine der wichtigsten Managerinnen und Nutzniesserinnen des Familienimperiums. 

    Im Jahr 2011 trat sie in den Vorstand von Transoil ein, dem grössten privaten russischen Eisenbahnunternehmen für den Transport von Öl und Ölprodukten, das von ihrem Vater kontrolliert wird. Im Jahr 2014 übertrug er ihr als Folge der US-Sanktionen nach der Annexion der Krim durch Russland 12,5% seiner Anteile an der Versicherungsgesellschaft SOGAZ. Diese Beteiligung behält sie bis 2019. Sie ist mit Gleb Frank verheiratet, dem Sohn von Sergej Frank (ehemaliger Verkehrsminister der Russischen Föderation und ehemaliger CEO der staatlichen Reederei Sovcomflot), die auch in der Fischereiindustrie sehr aktiv ist. Diese «dynastische Ehe» hat für viel Aufsehen gesorgt und wurde als Versuch beschrieben, die Verbindungen zwischen den grossen oligarchischen Strukturen, die von Putins Freunden geleitet werden, zu stärken. Das Ehepaar Timtchenko-Frank wurde am 22. März vom US-Finanzministerium mit Sanktionen belegt

    Verbindungen zur Schweiz


Oligarchen-Quartett

Wer hat die längste Jacht? Wer steht auf den meisten Sanktionslisten? Wer besitzt die meisten Villen in der Schweiz?

Das Quartett ist leider vergriffen.

Verantwortung der Schweiz Ukrainekrieg und Rohstoffhandel