China

Bereits vor Verhandlungsbeginn gründete Public Eye zusammen mit Partnerorganisationen die China-Plattform und verfasste ein Positionspapier. Darin plädierten wir für eine explizite Berücksichtigung von Menschenrechtsfragen im Abkommen zwischen der Schweiz und China.
Auch die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates unterstützte diese Forderungen. Sie verlangte vom Bundesrat die Integration eines Nachhaltigkeitskapitels in das Freihandelsabkommen mit China. Dieses sollte sicherstellen, dass sich die Schweiz an sogenannten «Best Practice»-Freihandelsabkommen anderer Staaten orientierte und insbesondere die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingehalten würden.
Dies war ein Anfang. Unsere Forderungen gingen jedoch weiter: Sie umfassten neben den Arbeits- auch die Menschenrechte. Die Schweiz ist aufgrund des eigenen wie des Völkerrechts an die einschlägigen Menschenrechte gebunden – dies bestätigt auch das Rechtsgutachten, welches die China-Plattform beim Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte in Auftrag gegeben hatte. Die Schweiz habe ausserdem «darauf hinzuwirken, dass diesen im FHA angemessen Rechnung getragen wird», heisst es in der Studie.
Enttäuschendes Resultat
Im Abkommen mit China wurde das Wort «Menschenrechte» jedoch kein einziges Mal erwähnt. Damit stellte sich die Schweiz gegen den weltweiten Trend und ihre eigene Praxis der letzten Jahre: ein gravierender Rückschritt. Gerade im Fall von China ist die Verankerung von menschen- und arbeitsrechtlichen Mindeststandards dringend notwendig. Ein fairer Wettbewerb braucht klare Spielregeln.
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© Martin Bichsel
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© Martin Bichsel
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© Public Eye
Ein besonders stossendes Beispiel für Menschenrechtsverletzungen in China sind die Zwangsarbeitslager, in denen Schätzungen zufolge drei bis fünf Millionen Häftlinge schuften. Public Eye und ihre Partnerorganisationen hatten im Herbst 2012 den prominenten chinesischen Dissidenten Harry Wu in die Schweiz eingeladen. An zahlreichen Veranstaltungen und Gesprächen mit Beamten und Parlamentarierinnen berichtete er eindrücklich von den menschenverachtenden Zuständen in chinesischen Zwangsarbeitslagern, in denen er selber während 19 Jahren interniert war.
Menschenrechtsverteidiger Harry Wu forderte von der Schweiz, dass sie sich im Rahmen des Freihandelsabkommens mit China nicht nur um die aus dem Ausland bezogenen Waren kümmert, «sondern auch um die Menschen, die diese Waren herstellen.»
Trotz fehlender menschenrechtlicher Auflagen hat das schweizerische Parlament das Abkommen im März 2014 durchgewunken.
Ohne verbindliche Minimalstandards für Arbeits-, Menschen- und Minderheitenrechte im Abkommen müssen in China durch Zwangsarbeit entstandene Güter nun grundsätzlich gleich behandelt werden wie übrige Waren. Die Schweiz hat die Gelegenheit verspielt, ihre humanitäre Tradition fortzusetzen und sich für eine Verbesserung der menschenrechtlichen Situation in China einzusetzen.